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05.05.2006 - Kultur&Medien / Kultur News
Die Zukunft von Österreichs "wahrer Krone"
Museums-Guru Dieter Bogner, der das Stift Klosterneuburg beriet, über sein ganzheitliches Konzept.

Er hat bei fast jeder Museumsplanung in Österreich seine Hände und sein Hirn im Spiel - war es beim MQ in Wien, bei den Landesmuseen Steiermark, Kärnten oder Vorarlberg. Zuletzt entwickelte er einen Museumsleitplan für die Stadt Salzburg. Aber auch im Ausland ist Dieter Bogner ein gefragter Fachmann: Der 1942 geborene Kunsthistoriker erstellte Konzepte für das Ludwig Museum in Budapest, das Klee-Zentrum in Bern, das "New Museum of Contemporary Art" in New York. Und auch in Klosterneuburg ist es seine Firma "bogner.cc" (und natürlich Architekt Georg Driendl), die für die Neukonzeption des "Kulturbetriebs" verantwortlich zeichnet.

Ein "sehr komplexes Projekt", betont Bogner, das noch lange nicht abgeschlossen ist. In einer zweiten Phase soll in den nächsten Jahren die Schatzkammer neu aufgestellt werden, mit dem Erzherzogshut - laut Bogner "Österreichs wahrer Krone".

Woran lag es, dass sich die Besucherzahlen im Stift Klosterneuburg in den letzten 20 Jahren fast um die Hälfte, auf 40.000, 50.000 Gäste im Jahr, reduzierten? Es sei das pralle Angebot in Wien, das zur übermächtigen Konkurrenz für das Chorherren-Stift anwuchs, meint der Museumsplaner. Schließlich sei in Klosterneuburg seit 25, 30 Jahren nichts mehr verändert worden. Angestrebt sei jetzt wieder eine Zahl wie einst: zwischen 100.000 und 150.000 Besuchern.

Woher diese kommen sollen? Bogner setzt auf den Großraum Wien, der seiner Meinung nach noch immer nicht voll ausgeschöpft ist: "Innerhalb eines Umkreises von zwei, drei Autostunden liegt ein großes Potenzial, Bratislava zum Beispiel. Man darf die Erwartungen aber nicht zu hoch setzen und der Diskussion über die Quoten immer die der Qualität gegenüberstellen. So wirtschaftlich man auch denken muss." Vom Konzept her vergleicht Bogner Klosterneuburg mit dem Wiener Palais Liechtenstein - die Rekonstruktion einer barocken Lebenswelt. Klosterneuburg sei sozusagen das kirchliche Pendant dazu. Mit dem gravierenden Unterschied: Dass im Stift die Lebenswelt wirklich noch existiere. "Wir wollten eine Balance zwischen Leben und Geschichte finden", erklärt Bogner - und ist überdies "sehr happy" mit dem Ergebnis.

Was hat Klosterneuburg von seinen vielen anderen Museumsprojekten unterschieden? "Das Stift ist kein Museum, sondern ein lebendiger Betrieb, den wir mit seinen Kulturschätzen thematisch verbinden. Nicht chronologisch, sondern als atmosphärische, inhaltliche und kunsthistorische - also ganzheitliche Einheit", so Bogner. Die Ziellinie dabei war klar: "nicht inszenatorisch, sondern die Dinge für sich sprechen zu lassen". sp

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