Foundation zeigt Werke aus der Sammlung

"Mia san mia" ist eine digitale Montage von Plakatmotiven, zu denen sich Haacke von der Plakataktion "Kärnten blüht auf" inspirieren ließ. Auch zu sehen: Werke aus der Sammlung der Generali Foundation.


Hans Haackes Kunst sorgt stets für Aufsehen, mit seinen Arbeiten widmet er sich immer brisanten politischen Themen. Die neue, für Wien geschaffene Installation Mia san mia bildet den Ausklang der Präsentation zweier für Graz geschaffener Arbeiten: Beim Projekt "Und ihr habt doch gesiegt" ließ der Künstler über der Mariensäule am Eisernen Tor in Graz jene NS-Siegessäule rekonstruieren, mit der Graz 1938 als "Hauptstadt der Bewegung gefeiert wurde". Das Projekt ist 1988 im Rahmen des steirischen herbstes realisiert worden.

Und ihr habt doch gesiegt / ©Bild: Werner Kaligofsky, © VG Bild-Kunst
Und ihr habt doch gesiegt / ©Bild: Werner Kaligofsky, © VG Bild-Kunst

Den Fotografien der Aktion sowie einer Rekonstruktion der damals aufgestellten Plakatwand sind auch Fotos der Säule nach dem Brandanschlag durch einen jungen Neonazi und Zeitungshalter mit Presseberichten zum Projekt beigegeben. Präsentiert wird auch Haackes Wettbewerbsentwurf einer Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus am Militärschießübungsplatz Graz "Feliferhof" (1996), ein nicht realisierter Entwurf. Doch auch das Siegerprojekt des Wettbewerbs von Esther und Jochen Gerz wurde bis heute nicht realisiert.

"Feliferhof", Entwurf, 1996 / ©Bild: VG Bild-Kunst

Erde im Bundestag

Der Bevölkerung, Innenhof, Reichstag, Berlin, 2001 (Zum Vergrößern anklicken) / ©Bild: Hans Haacke, © VG Bild-Kunst
Der Bevölkerung, Innenhof, Reichstag, Berlin, 2001 (Zum Vergrößern anklicken) / ©Bild: Hans Haacke, © VG Bild-Kunst
An Haackes spektakulärstes Projekt erinnert eine im Ventilator-Wind flatternde Seidenfahne mit der Aufschrift "Der Bevölkerung", der sein im Lichthof des Reichstagsgebäudes in Berlin aufgestellter Trog gewidmet ist. Ihn hatten die Abgeordneten mit einem Sack Erde aus ihrem Wahlbezirk zu füllen. Die Bundestagsdiskussionen dazu sind auf Video und in Presseberichten in Zeitungshalter nachzuverfolgen.

"Mia san mia" ist eine digitale Montage von Plakatmotiven, zu denen sich Haacke von einer Plakataktion Kärnten blüht auf anregen ließ. Zwei Rosen und - so der Künstler bei der Ausstellungspräsentation in Wien - "ein Herr, der sich als besorgter Landesvater in Szene setzt", seien ihm ins Auge gefallen. "Ich hab' sofort auf die politische Symbolik reagiert," meinte Haacke und wurde auf der Suche nach aufladender Symbolik in einem Filmplakat von 1941 zu "Heimaterde" fündig. "Auf keinen Fall wollte ich den Herrn aus Kärnten wieder abbilden".

Mia san mia, Installation: Generali Foundation, Wien, 2001 / ©Bild: Foto: Werner Kaligofsky, © VG Bild-Kunst
Mia san mia, Installation: Generali Foundation, Wien, 2001 / ©Bild: Foto: Werner Kaligofsky, © VG Bild-Kunst

Legendäre Zensur

Ein Blick auf Haackes bisheriges Wirken zeigt die politischen Aspekte seines Kunstverständnisses. Trotz ihres Alters war Hans Haackes "Shapolsky et al Manhattan Real Estate Holdings, a Real-Time Social System, as of May 1, 1971" eine der eindrucksvollsten auf der Documenta X gezeigten Arbeiten. Vom Künstler penibel im Grundbuch recherchierte Stadtpläne, Fotos von Fassaden und Diagramme zeigen die Verflechtungen von über hundert Firmennamen, unter denen Immobiliengeschäfte abgewickelt wurden, und zerren sie an die Öffentlichkeit der Kunstwelt, von deren symbolischer und folglich politischer Kraft Haacke überzeugt ist.

Der Gedanke, die Ausstellung als gesellschaftliches Forum zu benützen, blieb 1971 nicht ohne Folgen. Ein Jahr später resümiert der Künstler: "(...) Die Ausstellung wurde einen Monat vor der Eröffnung abgesagt, weil ich nicht bereit war, die drei inkriminierten Arbeiten zurückzuziehen. Edward Fry, der die Ausstellung als derzeitiger Associate Curator des Guggenheim Museums organisiert hatte, wurde fristlos gekündigt, weil er meine Arbeiten öffentlich verteidigt hatte."

Einfachste Mittel

Hans Haacke wurde 1936 in Köln geboren und studierte in Kassel, er lebt seit 1965 ständig in New York. Zu dieser Zeit arbeitet er, angeregt durch die Systemtheorie, mit Aggregatzuständen des Wassers. Die Generali Foundation zeigt zwei dieser frühen Arbeiten in der aktuellen Präsentation ihrer Sammlung im Hauptraum.

In den 70er Jahren verlagert er den Schwerpunkt seiner Arbeit hin zur Erforschung gesellschaftlicher Systeme und findet dabei zu einer klaren Metasprache, die keine kunstgeschichtliche oder -theoretische Schulung der Betrachter voraussetzt. Um diese zur Selbstreflexion anzuregen, legte er zwischen 1969 bis 1973 in seinen Ausstellungen Fragebögen zum Kunstbetrieb auf, deren Ergebnisse als Besucherstatistiken wiederum ausgestellt werden. Haackes Installationen kombinieren seit dieser Zeit eine leicht verständliche Sprache mit eindeutigen Bildern und verweisen dabei auf konkrete Tatsachen.

Unsichtbare Materialien

Haackes Arbeiten stellen immer häufiger Fragen nach der Konstruktion von (deutscher) Identität und beziehen sich historisch auf den Kontext, in dem sie gezeigt werden. Diesen sieht der Künstler als Material, welches er mit den sichtbaren Bestandteilen zugleich verwendet. Die Installation Germania auf der Biennale 1993 setzte dieses Konzept in die Realität um.

Neueste Arbeiten zu diesem Thema sind nicht immer eindeutig genug; Sanitation anlässlich der Whitney Biennale 2000 erntete auch von jüdischen Organisationen heftigen Protest, die ihm vorwerfen, den Holocaust zu verharmlosen. Der Aufschrift "DEM DEUTSCHEN VOLKE" am Berliner Reichstagsgebäude stellt Haacke den Titel der Arbeit Der Bevölkerung entgegen. Dieser wird in Leuchtbuchstaben inmitten eines Biotops realisiert, das aus Heimaterde der Abgeordneten entsteht. In einer Debatte des Bundestags wurde eingewendet, dass die Nazis das auch anlässlich der Olympiade 1934 in Berlin gemacht hätten.

Werke aus der Sammlung

Parallel zur Ausstellung in der kleinen Ausstellungshalle läuft (vom 7. September - 20. Dezember) in der großen Halle eine Präsentation von Werken aus der Sammlung der Generali Foundation.

Neuerwerbungen

Neu erworben werden konnte die "Mappe der Hundigkeit", Vintage Prints jener Aktion, bei der 1969 Valie Export Peter Weibel an der Leine und auf allen Vieren kriechend auf der Kärntnerstraße Äußerln führte. Zum Stolz der Sammlung kann der Werkblock mit Arbeiten von Gordon Matta-Clark zählen, Arbeiten von Walter Pichler und Franz West bieten weitere Höhepunkte. Gottfried Bechtolds documenta-Beitrag 1972, seine "100 Tage Anwesenheit in Kassel" sind hier protokolliert. Richard Kriesches Video-Installation über ewig gleichlaufende Fließbandarbeit "14 Minuten im Leben von...." (1977) kann auch schon zu den Klassikern zählen in einer Sammlung, in der Avantgardefilm und Video ganz besonderen Raum einnehmen.

Tipp:

"Mia san mia. Hans Haacke", "Werke Aus der Sammlung", Ausstellung vom 7. September bis 20. Dezember in der Generali Foundation, 1040 Wien, Wiedner Hauptstraße 15. Dienstag bis Sonntag 11 - 18 Uhr, Donnerstag bis 20 Uhr geöffnet. Normaleintritt 6 Euro (82,56 Schilling)

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