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31.03.2006 - Kultur&Medien / Kommentare
Kunstlicht: Macho-Weiber!
ALMUTH SPIEGLER

S
eit nunmehr zwei Wochen grüb le ich, warum ich mich über die Beschimpfung "Macho-Weib" einfach nicht ärgern kann. Und werde das wohl auch noch genüsslich eine Weile in die Länge ziehen - während ich meinen Lieblingskollegen um eine Käsesemmel zum Fleischhauer schicke. Aber flott . . . Mein Geständnis, dass ich zuletzt auf auffällig viel gute Kunst von Künstlerinnen stoße, löste nur die langweiligen männlichen Reflexe aus, nämlich ihre Angst, dass sie jetzt plötzlich selbst diskriminiert werden könnten, wie jahrhundertelang zuvor die Frauen. Der Kunstbetrieb bestätigt allerdings - Alpha-Männchen können beruhigt aufatmen - Jahr für Jahr und Ranking für Ranking das Gegenteil.

Neben dem Machismo bin ich laut Künstler B. auch noch dem Jugendwahn verfallen und propagiere nicht nur junge, sondern zudem inhaltsleere Kunst. Womit Herr B. aus seiner Sicht wohl Recht hat. Jedoch beschleicht mich gerade in diesem Fall das Gefühl, dass junge Kunst ganz besondere Aufmerksamkeit verdient, denn gute Kunst, wie B. sie macht, darf ohnehin schon die Wände des Bildungsministeriums schmücken.

A
n die romantische Mär also, dass pinselschwingende Jahr hundert-Genies in Kellern vor sich hin vegetieren, ist in Zeiten eines derart ausgedehnten Subventionssystems und vor allem eines derart starken Marktes nicht mehr zu glauben. Die Kunstmessen feiern Rekordbesucherzahlen, die Auktionshäuser Rekordpreise und die Galeristen Rekordwartelisten. Kunst zu besitzen scheint so schick wie seit dem 19. Jahrhundert nicht mehr. Nicht umsonst wird gerade überall die neue Bürgerlichkeit ausgerufen.

Bleibt also nur zu wünschen, dass dieser Zeitgeist sich Ende nächster Woche auch in Österreich materialisiert, wenn sich, vom Datum her etwas ungeschickt angelegt, die beiden wichtigsten Kunstmessen des Landes überschneiden: die Antiquitätenmesse in Salzburg und die Viennafair für Zeitgenössisches in Wien. Das wird stressig, aber wir freuen uns trotzdem und werden ordentlich feiern - sowohl Altes als auch Junges, Oberflächliches als auch Tiefgründiges.

almuth.spiegler@diepresse.com

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