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Malerei nach dem Nullpunkt |
Der Besucher der Malewitsch- |
Ein schwarzes Quadrat, das auf der
Leinwand einen weißen Rand übrig lässt: Das war der berühmte
Avantgarde-Urknall, den Kasimir Malewitsch
wenige Jahre vor der Russischen Revolution gezündet hat. Sehr früh im 20.
Jahrhundert, nämlich schon 1915, hat Malewitsch diesen für damalige
Verhältnisse ungeheuer radikalen Schritt in der Malerei gesetzt.
Ab ungefähr 1910 haben russische Künstler die kommunistische Utopie
einer besseren Gesellschaft wesentlich mitformuliert und die Revolution
geistig vorbereitet. Wladimir Malewitsch entwickelte sein Konzept des Suprematismus.
Das kommt von "Supremum" - das Höchste. Er selbst sah den Suprematismus
als eine Religion des Geistes, als einen neuen Urknall der Kunst und des
Lebens, formuliert in so extrem reduzierten Formen wie eben dem schwarzen
Quadrat. Wandelbares Formenrepertoire
Ausstellung zeigt sich, dass das schwarze Quadrat nur ein - wenn auch zentraler - Aspekt in der Arbeit dieses Künstlers war. Malewitsch hat mehrmals von Phase zu Phase sein Formenrepertoire total umgewandelt und neu kombiniert, ist durch alle relevanten europäischen Malstile seiner Zeit hindurchgegangen und hat oft in verschiedenen Formenkanons zugleich gearbeitet - wie die Künstler der 60er Jahre.
Formalismus-Vorwurf Malewitsch ist im Westen erst nach der Perestrojka einer breiten
Öffentlichkeit bekannt geworden. In der Sowjetunion duften seine Bilder
etwa von 1930 bis in die frühen 80er Jahre überhaupt nicht gezeigt werden,
erzählt die Vizedirektorin des russischen Museums in St. Petersburg
Jewgenija Petrowa. "Die politischen Machthaber betrachteten die frühe russische Avantgarde
als 'formalistische Kunst'", weiß sie, "das Volk sollte so etwas nicht
sehen. Kandinsky, Malewitsch, Rodschenko, Chagall, Tátlin - das alles lag
bei uns im Depot!"
Kontemplative Dichte Durch die ungeheuer präzis kalkulierte unperfekte Geometrie der Linien
und durch die Textur der schwarzen Farbe zwingen einen die Bilder von
Malewitsch geradezu in ihre kontemplative Dichte hinein, wenn man davor
steht. "Malerei nach dem Nullpunkt" nannte Malewitsch diese reduzierten
Formen. In der Wiener Ausstellung hängt auch eine Ikone. Das Gewand des
Heiligen hat ein strenges Muster mit schwarzen Kreuzen - es ist dieselbe
Kreuzform, die stark vergrößert auf dem Malewitsch-Bild auftaucht. Vorbild: Ikonen
Das schwarze Quadrat ist also nicht nur eine abstrakte geometrische
Komposition, sondern ein spirituelles Objekt. Malewitsch selbst schrieb:
"Das schwarze Quadrat ist die Ikone des 20. Jahrhunderts". Bäuerliche Tradition
Jewgenija Petrowa: "Beim 'Roten Quadrat' kann man auf der Hinterseite
der Leinwand unter anderem lesen: 'Bäuerin in zwei Dimensionen'. Dieses
rote Quadrat stellt eine Person dar. Rote Kleidung wird in Russland bei
Hochzeiten und bei vielen wichtigen Gelegenheiten getragen. Er hat mit
dieser Farbe der Ikonen und der Bauernkostüme eine absolut neue Kunst
realisiert."
Späte Gegenständlichkeit Später ist Malewitsch teilweise zum Gegenständlichen zurückgekehrt, hat
aber die suprematistische Malerei der Farbflächen und geometrischen Formen
mit der Figuration verbunden. Die Bauern und Bäuerinnen vor gestreiften
Feldern aus dieser Phase gehören zu seinen intensivsten Bildern. 1927 erlebte Malewitsch einen gravierenden Rückschlag in seiner
Karriere: Von einer Ausstellung seiner Bilder in Berlin wurde er
kurzfristig zurückgerufen, die Sowjets wollten nicht, dass er das
mittlerweile stalinistische Land im Westen repräsentierte. Einen Großteil
der Bilder musste er zurücklassen. Bilder zurückdatiert
impressionistischen Stil, teils im Sinn seiner avantgardistischen Entdeckungen. Beide Arten von Bildern hat er größtenteils um mehr als zehn Jahre zurückdatiert. Warum, darüber gibt es verschiedene Spekulationen. Jewgenija Petrowa hat unter anderem folgende Theorie: "Als er 1929 in
der Tretjakow-Galerie eine Ausstellung vorbereitete, fehlten ihm die
vielen Arbeiten, die er in Deutschland zurücklassen musste. Er wollte aber
seine gesamte künstlerische Entwicklung zeigen. Möglicherweise hat er in
dieser Situation Bilder aus früheren Werkphasen nachgemalt und diese
rückdatiert." Tipp: Kasimir Malewitsch im Bank Austria Kunstforum; 5. September - 2. Dezember 2001; täglich 10 - 19 Uhr, Mittwoch 10 - 21 Uhr | ||||||||||||||||||||
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