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03.10.2005 - Kultur&Medien / Ausstellung
Art Forum Berlin: Alles licht unterm Funkturm
VON ALMUTH SPIEGLER
ART FORUM Berlin. Die junge Kunst hat ihre Hauptstadt an der Spree gefunden.

Das große Geld wohnt nicht in Ber lin. Gerade deshalb leben dort wohl, fern des Marktgezerres, die zurzeit angesagtesten jungen Künstler. Der dänische Szene-Darling Olafur Eliasson, die Britin Tacita Dean, der Albaner Anri Sala - viele haben ihre Ateliers in die so heterogene deutsche Metropole verlegt. Und Berlin weiß, wie es seine illustren Schützlinge unterhält: Diesen Herbst quillt es über von Ausstellungen (Shirin Neshat, Douglas Gordon, Katharina Sieverding, . . .), von Foto-Festivals, Kunstmessen, -preisen.

So beschloss man etwa, den Sechs-Millionen-Euro-Gewinn der überrannten MoMA-Ausstellung 2004 in eine Stiftung für Zeitgenössisches einzubringen, die jetzt jährlich den "Preis der Nationalgalerie für junge Kunst" vergibt - mit 50.000 Euro einer der höchstdotierten in diesem Bereich. Vergangene Woche ging er an die - natürlich in Berlin lebende - Italienerin Monica Bonvicini. Nicht ohne berechenbar unberechenbare Ansprache Christoph Schlingensiefs, der die Verleihung schließlich für abgebrochen erklärte: Kunst kenne keine Gewinner.

Gewinne kennt die Kunst allerdings sehr wohl. Über 200 Galeristen stürmten dieser Tage Berlin, wo sich im Licht des zehnten "Art Forum" gleich drei schmarotzende Alternativ-Messen tummelten. Und licht, das ist sie tatsächlich, diese regelmäßig totgesagte und wieder belebte Tankstelle für Gegenwartskunst. An ihrem neuen Ort, in den schönen Tageslichthallen am Funkturm, scheint das "Art Forum" die Konkurrenz der 2003 gegründeten, ähnlich auf Trendscout ausgerichteten Londoner "Frieze Art Fair" aushalten zu können. Obwohl nicht annähernd so international und hip, schien die heute zu Ende gehende Messe jedoch genug potente Sammler wie die Rubells aus Miami anlocken zu können: Die Galeristen übten sich in ostentativer Zufriedenheit.

Verhältnismäßig klein war die österreichische Abordnung aus Bleich-Rossi, Johann Widauer, Georg Kargl und Thaddaeus Ropac. Letzterer will bereits in den ersten Messe-Stunden praktisch seinen ganzen, von den hypersensiblen Zeichnungen und Pastellen des Kanadiers Paul P. (3500-6500 €) dominierten Stand ausverkauft haben. Und Kargl, in dessen Koje sich Ex-Biennale-Venedig-Direktor Francesco Bonami und Berlin-Biennale-Macher Maurizio Cattelan einstellten, reüssierte u. a. mit Markus Schinwald, Clegg & Guttmann. Neben auffällig viel chinesischer Kunst scheint aber immer noch die neue deutsche Malerei zu boomen - Norbert Bisky, Neo Rauch und Martin Eders süßliche Kitsch-Szenen.

Weniger leicht Verkäufliches, Installationen und Videos, war in der Sonderschau "Temporary Import" untergebracht, für die Susanne Titz, Direktorin des Museums Abteiberg, Arbeiten ehemaliger Berlin-Stipendiaten aussuchte - jedenfalls von denen, die bei den "Art Forum"-Galerien vertreten sind. Ein Umstand, der diesen Messe-Ausstellungen stets einen leichten Hautgout verleiht. Wie auch immer. An der Nebenfront, bei der "Berliner Liste", konnte sich der einzelkämpfende Grazer Neo-Galerist Patrick Ebensperger über die ausschwärmenden US-Sammler freuen: Einer von ihnen ließ sich bis vier Uhr früh alle verfügbaren Monumentalzeichnungen des Linzer Künstlerduos "Hauenschild Ritter" vorlegen.

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