WestLicht Schauplatz für Fotografie: Christine de Grancy
Hohe Poesie der Dokumentation
Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer
Christine de Grancy könnte genauso gut österreichische
Beiträgerin der heurigen documenta 11 neben Lisl Ponger sein. Sie
entspricht nämlich genau dem Ideal vieler dort aus allen Ländern
vertretenen Fotografinnen und Fotografen: Dokumentationsfotografie der
besonderen Art. Für Okwui Enwezor offenbar das Genre und das Medium, das
global an Bedeutung gewinnt. Anlässlich des 60. Geburtstages der in
Brünn geborenen Künstlerin, die über die Grafik und Keramik schließlich in
Wien nach Grazer Jahren zur Fotografin von Reiseerzählungen, aber auch
Porträtistin prominenter Österreicher und der Stadt Wien von den Dächern
aus avancierte, ist ihr eine große Retrospektive im Schauplatz für
Fotografie WestLicht auf der Westbahnstraße bis 4. August unter dem Titel
"An Ort und Stelle" gewidmet. Neben den Originalabzügen und drei
Großformaten auf Barytpapier hat sie die Aufnahmen der Pakistan-Reise als
Schwerpunkt laserkopiert und kalenderblattartig gestaffelt auf einfachen
Paketschnüren befestigt. Immer begleiten auch die Reisenotizen oder
nachträgliche Erinnerungen die Arbeiten, die von den Besucherinnen und
Besuchern angefasst und in Ruhe durchgeblättert werden können. Die
leicht transportable, besucherfreundliche, sympathische Präsentation
begann mit den "Wolga-Welten", von denen nur einige wenige Bespiele von
besonderer Poesie und formaler Aussagekraft zu sehen sind. An einer
Bahnstation im hohen Norden zeigt sich hinter vereister Scheibe in einem
kleinen ausgekratzten Feld das Gesicht einer geheimnisvollen Frau. Sie ist
typisch für die höfliche Distanz und die humanistische Einstellung der
Künstlerin, die mit ihren Bildern auch immer eine Geschichte außerhalb der
eigenen erzählt. So waren auch ihre Reiseeindrücke aus der West-Sahara,
aus China, Kurdistan und von anderen Rändern der so genannten
Zivilisation. Im Fall der pakistanischen Eindrücke ist es auch die
Geschichte der Trennung von Männern und Frauen, die besondere Zuneigung
der Männer zueinander oder zu ihren Tieren, die sie mit subtilem
Schmunzeln, aber ohne humorlose eurozentristische Kritik miteingebaut hat.
Die Kultur des Islam ist für die Fotografin gerade nach dem 11. September
2001 in ihrer Bereicherung für Europa immer wieder neu zu beleuchten.
Nicht zu übersehen sind die besonderen Porträts der Freunde, die
Christine de Grancy zur Fotografie gebracht haben: Gabriele Brandenstein,
André Heller und Erika Pluhar. Doch zum "Kultbild" steigen insbesondere
Elias Canetti und Henri Cartier-Bresson empor, wenngleich die Poesie der
Reisenden damit natürlich nicht zu übertreffen ist. Der Pariser
Starfotograf hat die Künstlerin auch während einer gemeinsamen Ausstellung
in ihrer Arbeit bestärkt. Und höheres Lob ist wohl kaum zu bekommen -
außer vielleicht noch ein documenta-12-Beitrag. Alles Gute zum Geburtstag
und viele weitere Reiseaugenblicke!
Erschienen am: 03.07.2002 |
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Kunst
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