Salzburger Nachrichten am 11. Juni 2002 - Bereich: kultur
Magie des Augenblicks

Fotogramme, Bilder und Graphiken von Christian Schad im Rupertinum

Das Markenzeichen von Christian Schad (1894-1982) sind die scharfen, psychologisch einfühlsamen Porträts, ein wichtiger Beitrag zur Neuen Sachlichkeit der zwanziger Jahre, und die fotografischen Experimente, in denen er 1918, ganz im Geist des Dadaismus, mit allen konformistischen Regeln des Mediums brach und ohne Kamera jene abstrakten Fotogramme schuf, die Tristan Tzara später als "Schadographien" bezeichnete.

Reproduktionen von 24 frühen Fotogrammen geben in der Rupertinumsschau, mit Leihgaben hauptsächlich aus Familienbesitz, eine Vorstellung von der Faszination am radikalen Neubeginn. Schad arrangierte alltägliche Gegenstände auf lichtempfindlichem Papier und setzte diese dem Sonnenlicht aus. Daraus entstanden Gefüge von magischer Ausstrahlung, die Energiemuster erzeugten. Der Bruch mit der Tradition rechteckiger Bildformate verlieh den Kompositionen zusätzliche Spannung, welche die Aufmerksamkeit auf die Inhalte konzentrierte.

Auf Drängen des Fotohistorikers Helmut Gernsheim schuf Schad in den sechziger Jahren eine Anzahl neuer Fotogramme. Diese knüpften zunächst an den Versuchen von 1918 an. Bald befriedigte Schad das Spiel mit Fläche und Form nicht mehr und er begann, durch wechselnde Graustufen und Unschärfen die Illusion räumlicher Tiefe zu verstärken.

1963 unterbrach Schad seine fotografische Arbeit und widmete sich ganz der Malerei und Grafik, bis er sich, achtzigjährig, von 1975 bis 1978 nochmals der Lichtbildnerei zuwandte. Beeinflusst von der Reduktion auf reine Formen im leeren Raum, die er in der Beschäftigung mit dem Buddhismus und der japanischen Zen-Malerei kennen gelernt hatte, tauchen Schatten von Tieren auf. In diesen Beispielen herrscht eine Spannung zwischen dargestellten, mehrfach belichteten Formen und dem freien Grund, in den sie eingebettet sind. (Bis 7. Juli)

W. RICHTER