Salzburger Nachrichten am 18. April 2002 - Bereich: kultur
Abrahams "Rakete"

Heute, Donnerstag, wird Raimund Abrahams spektakuläres Österreichisches Kulturforum in
New York eröffnet.

NEW YORK (APA, SN).

In US-Medien wird das Österreichische Kulturforum in New York sowohl wegen seiner spektakulären Architektur als auch wegen seiner Funktion als staatlich finanzierter Vermittler von Kultur ausführlich gewürdigt. Das Time-Magazin schreibt über das Bauwerk in Manhattan: "Das Design hat nichts von Sound of Music an sich, außer wenn man an die Musik von Schönberg denkt. Es bezieht sich stattdessen auf Adolf Loos und Otto Wagner, die großen Persönlichkeiten der Wiener Moderne." Die Fassade wecke Assoziationen an "einen Steilhang, auf dem Abraham in seiner Jugend vielleicht Ski gefahren ist".

Das schmale Gebäude wird von "Time" sogar als mögliches Vorbild für weitere Projekte in Manhattan gesehen. "Die Stadt steht vor ihrer wichtigsten stadtplanerischen Entscheidung: was an Stelle des zerstörten World Trade Centers errichtet werden soll. Abrahams kleine Rakete eines Gebäudes zeigt nicht nur, dass Österreichs Kultur lebt, sondern auch, dass die City von New York vielleicht wieder neu geboren werden kann."

Die "New York Times" hat in ihrer Wochenendausgabe über das Kulturinstitut ebenfalls ausführlich berichtet und stellt die staatlich finanzierten Kulturinstitute von europäischen Ländern in New York den USA gegenüber, welche Kultur nicht als diplomatisches Instrument nützen. Das Kulturforum sei "eines der beeindruckendsten Gebäude, die in den vergangenen Jahrzehnten in New York errichtet wurden".

So ehrgeizig wie die architektonische Lösung in einer nur knapp sieben Meter breiten "Lücke" von Manhattan (für den Bau brauchte man rund 10 Jahre) soll auch das Programm sein, das rund drei Monate lang ein etwas anderes Bild von österreichischer Kultur liefern soll. Das Motto: "Transforming Modernity". Eröffnet wird mit einer "Langen Nacht der zeitgenössischen Musik" des Klangforums Wien; das Medien-Duo Granular Synthesis zeigt eine spezifische Installation, vom 23. bis 30. April wird das Elektronik-Musikfestival "phonoTAKTIK" in New York gastieren. Performances, eine interdisziplinä-re Begegnung von Literatur und anderen Kunstsparten, ein "Sound of Music"-Festival mit Kompositionen des 20. und 21. Jahrhunderts, zeitgenössische Architektur und Jazz sind Schwerpunkte im Mai. Film und Video folgen im Juni.

In Österreich wurde inzwischen ein Rechnungshof-Rohbericht publik. Der RH übt massive Kritik an den Baukosten. Derzeit halte man bei knapp 34 Millionen Euro für rund 2300 Quadratmeter Gesamtfläche. Umgelegt ergebe das Errichtungskosten von fast 15.000 Euro pro Quadratmeter. Das sei das Zwanzigfache der durchschnittlichen Baukosten pro Quadratmeter Bürofläche in New York, moniert der Rechnungshof. Es fehlten fundierte Überlegungen darüber, ob dieser extrem teure Neubau überhaupt notwendig und sinnvoll sei.