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Private Kunstvereine: Bauernmarkt, Theseustempel

20.09.2011 | 19:59 | von Almuth Spiegler (Die Presse)

Leicht haben es Kunstvereine in Wien nicht. Bildende Kunst ist Sache des Staates, das Wiener Bürgertum unterstützt eher Musikvereine. Doch es gibt sie immer wieder: neue private Initiativen für Gegenwartskunst.

Der Name ist kein unschuldiger mehr in Wien, zwischen 1997 und 2000 machte schon einmal ein „Wiener Kunstverein“ Furore: Der Galerist Martin Janda und die Kunstkritikerin und Kuratorin Sabine B. Vogel ließen den winterbedingt geschlossenen Volksgartenpavillon für jeweils einen Abend von einem Künstler gestalten und darüber diskutieren. Binnen Kurzem hatten sie rund 200 Mitglieder, doch der Erfolg ließ sich vor allem personell nicht prolongieren, erinnert sich Janda heute.
Mit ihrem „Neuen Kunstverein Wien“ hat Kataryna Uszynska also eine Vorgabe, die sie allerdings gar nicht erfüllen will: Sie fährt eher ein klassisches Ausstellungsprogramm in intimem Rahmen, unterstützt von einer ebenfalls noch recht intimen Anzahl von Mitgliedern. Erst im April hat die in Polen geborene freie Kuratorin in einer kleinen ehemaligen Wohnung am Bauernmarkt 9 ihr junges Unternehmen gestartet. Noch bis morgen läuft hier Uszynskas zweite Ausstellung, eine Doppelconference zwischen dem deutschen Maler Carsten Fock und der New Yorker Choreografen-Legende William Forsythe: Fock hat den ganzen Raum mit einem Stakkato an schwarz-grauen Pinselstrichen bearbeitet, seinen abstrakten Bildern damit eine Bühne, eine provisorische Blackbox geschaffen. Nebenan untersucht Forsythe seine Gestik: Das Video von 1997 zeigt den Choreografen selbst, ganz auf sich konzentriert, wie er seinen Körper wie Material benutzt, ihn wie ein Maler sein Modell in die unterschiedlichsten Bewegungen dirigiert, immer wieder.

Nach einem Jahr wird weitergezogen

Auch Uszynskas nächste Ausstellung (ab 29. September) ist ein Doppel: Michal Budny und Rafal Bujnowski. Die nächste Schau findet wahrscheinlich schon an neuer Adresse statt, nur ein Jahr lang bleibt der „Neue Wiener Kunstverein“ hier am Bauernmarkt unter den Fittichen des kunstaffinen Immobilien-unternehmers Martin Lenikus. Dieser beheimatet mittlerweile schon zwei Kunstvereine an dieser Adresse: Im Hof behauptet sich schon eine geraume Weile „Coco“ (Contemporary Concerns) und wird, entgegen anderslautender Gerüchte, auch in Zukunft alle bisherigen Räume bespielen. Auch die Wohnungen, die Lenikus im Haus Bauernmarkt 1 Künstlern als Ateliers zur Verfügung stellt, bleiben bis auf Weiteres noch erhalten.
Leicht haben es Kunstvereine in Wien trotz punktuell großzügiger Unterstützung nicht: Es fehlt das langfristige Engagement des Bürgertums für die bildende Kunst. Die nicht von Künstlern, sondern von Bürgern getragene Kunstvereinstradition, wie sie in Deutschland blüht, ist bei uns nicht ausgeprägt. „Bildende Kunst war hier immer eine staatliche Aufgabe oder eine des Kaiserhauses“, bestätigt Janda. Ganz anders übrigens als in der Musik, denke man etwa an Konzerthaus und Musikverein.
Nicht dem Zwang ausgeliefert, Mitgliedern etwas bieten zu müssen, hat sich ein anderer privater Verein zur Vermittlung von Gegenwartskunst mit Sitz in Wien: Der „Contemporary Art Club“ (CAC) wird von der Wiener Galeristin Gabriele Senn, ihrem Berliner Kollegen Alexander Schröder, dem freien Kurator Roberto Ohrt und dem Architekt Wilfried Kühn getragen. „Viele Freunde unterstützen uns, aber es gibt keine Mitgliedschaft“, so Senn. Jetzt ist der CAC erstmals mit einer Initiative an die Öffentlichkeit getreten: Im Theseustempel wird eine Ausstellungsserie veranstaltet, bis 27. 9. bespielt Andy Hope die frisch renovierte Dependance des Kunsthistorischen Museums, es folgen Kitty Kraus, Andre Butzer, Lucie McKenzie.


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