Kultur

Interview

14.04.2006 | SN
Der britische Bildhauer Tony Cragg, derzeit mit Skulpturen in der Salzburger Schau "Freundschaftsspiel" vertreten, im SN-Gespräch

GUDRUN WEINZIERL Tony Cragg ist einer der bedeutendsten englischen Bildhauer der Gegenwart. Seit den 70er Jahren hat er die Bandbreite der Materialien in der Skulptur durch Industriestoffe wie Plastik, Schaumstoff, oder Gummi extrem erweitert. Als einer der acht in der Schau "Freundschaftsspiel" (bis 27. 5.) in der Salzburger Galerie Ropac vertretenen Skulpteure stand Cragg für ein Gespräch zur Verfügung. In Ihrer Wahlheimat Wuppertal haben Sie mit Ihren Skulpturen für große Aufregung gesorgt. Warum ist die Gestaltung des öffentlichen Raumes so oft mit Protesten behaftet? Cragg: Wenn ich auf der Straße gehe, stolpere ich ja nicht ständig über Kunst. Mir begegnen Teerflächen und Autos. Wenn man nun zweifelt, ob Kunst in der Öffentlichkeit wichtig sei, schaut man am besten die Reaktion an, wenn eine kleine Plastik aufgestellt wird, die nicht schwerer und größer ist als ein Auto. Niemand sagt etwas zu all den Autos, aber so ein "unnützer" Gegenstand zieht eine höllische Auseinandersetzung nach sich. Als vor Jahren vor einem Museum zwei belanglose Löwen durch eine zweiteilige Skulptur von mir ersetzt wurden, gab es aggressive Ausbrüche. Wir leben in einer utilitären Realität: Was nützlich ist und woran wir gewöhnt sind, wird nicht in Frage gestellt. Und dann kommt die Kunst und will mit neuen Formen verändern? Cragg: Ja, auch wenn Kunst nicht politisch oder sozial wirken will, ist sie immer eine radikale Tätigkeit, weil in ihr ein Gedanken- und Arbeitsvorgang steckt, der nichts mit der gewohnten Nützlichkeit unserer Realität zu tun hat. Dann entsteht ein enormer Reibungseffekt. Daran sieht man, dass Kunst wichtig ist, weil sie Menschen beschäftigt. Gravierend ist später auch, wenn ein Objekt vom gewohnten Ort weggenommen wird. Dann heißt es: Wo ist unser Kunstwerk? Könnte die Akzeptanz von Kunst besser sein, würde mehr Kunstvermittlung betrieben? Cragg: Nein, man muss sich den Zugang zur Kunst schon auch selbst erarbeiten. Das moderne Leben erweckt den Eindruck, dass uns alles in den Schoß fallen müsse, dass alle Produkte auf uns niederrieseln. Wenn man zu faul ist zu denken, kann man sich nicht mit Philosophie beschäftigen. Genauso ist es mit Literatur, mit der Kunst, wo man aus der Geschichte heraus sich über die immer wieder neuen ästhetischen Ausdrucksmöglichkeiten Kenntnis verschafft.Ist der Wandel an formalen und materiellen Mitteln das wichtigste Merkmal Ihrer Arbeit? Cragg: Ende des 19. Jahrhunderts gab es nur wenige Materialien für die Bildhauerei, ihre Vielfalt wurde mit Duchamp in Gang gesetzt. Nach diesen hundert Jahren können wir zwar noch weiter suchen und das hunderttausendste Material entdecken und referenziell einsetzen. Das kann für mich nicht mehr die primäre Motivation sein. Mir geht es darum Dinge hervorzubringen, die weder in der Natur, noch in unserer funktionalen Welt existieren, aber meine Empfindungen gegenüber der Welt spiegeln. Ob es die aus Industrieholz geschichteten Skulpturen, die chromblitzenden Säulen, der Bronzeguss oder das Chromosomengewirr der neuen Fiberglasarbeit "Stealth" sind, alles wirkt menschlich belebt. Cragg: Diese Formen sind als Codes zu lesen. Mir geht es oft um Grenzen von Technischem hin zu etwas, das organisch wesenhaft sein könnte. In der Bronze "Cauldron" (Kessel) tauchen fragmentarisch zwei Menschengesichter in einer Art Landschaft mit katastrophalen Zwischenräumen auf, ein Etwas bekommt Identität, wird benannt, wird zu einem Nomen, auch wenn nicht sicher ist, ob diese Ausformung Realität sein kann.

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