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vom 27.04.2007 - Seite 020
Zukunft beginnt jetzt

Wie sehen kulturelle Zukunftsentwürfe aus? Sind Museum und Zukunft ein Widerspruch? Fragen, derer sich die "Streitkultur"-Reihe von OÖN und OÖ. Landesmuseen am Mittwoch in der Landesgalerie Linz annahm.

VON BERNHARD LICHTENBERGER

Wer entscheidet heute, was morgen kulturell relevant ist? Welche Visionen gibt es für eine Zukunftskultur?

Der Welser Regisseur Andreas Gruber ("Hasenjagd", "Welcome Home") zweifelt daran, dass Kunst und Kultur gegenwärtig auf der Höhe dessen sind, was uns die Gesellschaft erzählt. "Derzeit haben wir zwei große Erzählungen. Die eine heißt ,Geiz ist geil', also der ökonomische Absolutismus, der sich über alles legt, verheerenderweise auch über Kunst und Kultur. Das Geld bestimmt. Die zweite ist die Frage der Identität." Durch eine Internet-Welt wie "Second Life" komme plötzlich die Idee mehrerer Identitäten auf. "Ist das hilfreich?"

Kritik, dem Linzer Festival "Ars Electronica" fehlten Zukunftsaspekte, begegnet Gründungsvater Hannes Leopoldseder mit einem Blick zurück: "Unsere Themen, zum Beispiel ,Info-War' oder Nanotechnologie, sind jeweils zehn Jahre voraus, bevor sie in den Alltag, in den Diskurs gehen." Linz sei mit der "ars" und dem "Ars Electronica Center" zu einer weltweiten Pilgerstätte geworden.

Andrea Euler, Volkskunde-Sammlungsleiterin der Landesmuseen, glaubt nicht, dass im AEC, das sich als "Museum der Zukunft" versteht, in die Zukunft gearbeitet wird. "Das ist auch nicht Aufgabe eines Museums."

Medienkünstlerin Barbara Musil sieht in der Kunst "die Qualität, als Experiment gegenwärtige oder zukünftige Fragen zu definieren, wobei sich die Relevanz vielleicht erst in der Zukunft unter Beweis stellt".

= In der Medienkunst beobachte ich eine Abwendung von der technologieverliebten Spielerei und eine Hinwendung zum gesellschaftspolitischen Konzept. }

BARBARA MUSIL

Medienkünstlerin

= Die Technik entwickelt sich so rasch. Das Verhalten der Menschen, auch das moralische, und die Lernbereitschaft hinken allerdings nach. }

HANNES

LEOPOLDSEDER

"Gründungsvater" des Ars Electronica Festivals

= Es ist wichtig, sich die Zukunft immer vor Augen zu führen. Nur dann kann man Sammlungsstrukturen und Sammlungsstrategien aufbauen." }

ANDREA EULER

Sammlungsleiterin der Volkskunde der OÖ Landesmuseen

= Die Erzählung hat die Funktion, das Herkommen, die Vergangenheit verständlich zu machen, um der Gegenwart einen Sinn zu geben und der Zukunft eine Perspektive. }

ANDREAS GRUBER

Regisseur, Prof. an der Filmhochschule München


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