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21.04.2006 - Kultur&Medien / Kommentare
Kunstlicht: Als Männer noch Männer sammelten
ALMUTH SPIEGLER

E
igentlich wollte ich hier heute eine lodernde Ode an den MP3- Player als solchen abspielen, nachdem dieses niedliche Musik-Etui gestern in der "Metaware" so schändlich geschmäht wurde. Unter dem geklauten Buchtitel-Motto "iPod also bin ich" wäre ich für die radikale elektronische Zerschnippelung elendslang vor sich hin plärrender Konzeptalben auf die Barrikaden gestiegen. Seit Lucio Fontana 1958 werden Leinwände aufgeschlitzt, da darf es jetzt doch endlich auch mal den Klangteppichen an die Fasern gehen! Aber ehrlich? Chacun à son goût. Und das Barrikadenstürmen für US-Mega-Computerfirmen ist im Feuilleton auch wirklich irgendwie uncool.

Außerdem macht akutes mariannisches Fahnenschwingen um einiges mehr Spaß für die eigene Sache - ja, jetzt kommt es wieder, dieses verdammte F-Wort. Und nein, verdammt, es gibt nie genug Feminismus. Aktuelles Beispiel: Diese Woche ist endlich auch Lars Nittve, Direktor des Stockholmer Moderne-Museum, draufgekommen, dass 90 Prozent der Werke in seiner Sammlung von Männern stammen. Wofür der ehemalige Leiter der Londoner Tate Modern aber immerhin deutlichere Worte fand, als man sie in Österreich öffentlich zu hören bekommt: Diese "schematische Bevorzugung männlicher Künstlerschaft" sei ein "großer historischer Fehlgriff" gewesen, meint er doch tatsächlich. Jawohl.

Reflexartig hatte ich schon den Hörer in der Hand, um ein paar einheimische Museumsdirektoren mit nervigen Statistik-Anfragen zu ärgern. Aber wozu eigentlich? Sollen es hier oder da jetzt erbärmliche fünf oder gar rasante 30 Prozent Künstlerinnen sein. Diese Kunstgeschichte ist geschrieben und der machistische Scheuklappenblick für die Zukunft bestens dokumentiert.

S
chummeln, wie der nette Schwede das jetzt vorhat, gilt da nicht: Nittve fordert vom Staat 5,5 Millionen Euro, um fehlende Werke "weiblicher Pioniere" zu ergänzen. Bevor sie zu teuer sind, wohlgemerkt. Erstens wäre das aber trotzdem praktisch null Budget für hochwertige Klassische-Moderne-Ankäufe. Und zweitens wären ein paar zwischen massig Magrittes, Picassos, Kirchners und Dalís eingestreute Quotenkünstlerinnen noch peinlicher. Oh nein. Diese Entwicklung ist im Nachhinein nicht mehr zu schönen.

Viel wichtiger aber ist vielmehr, dass in Zukunft einfach gute Kunst gesammelt wird. Und das passiert - um zu einem versöhnlichen Ende zu kommen - in der Regel auch schon. Zumindest in öffentlich subventionierten Institutionen.

almuth.spiegler@diepresse.com

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