Ist's edler im Gemüt... | |
Franz Morak, der neue Staatssekretär im Bundeskanzleramt wird für Kunst und Medien zuständig sein - und eine "zentrale Koordinierungskompetenz für die Kunst- und Kulturagenden im Außenministerium, Unterrichtsministerium und Bundeskanzleramt" bekommen. In Treffpunkt Kultur hat Barbara Rett mit dem Schauspieler und Politiker gesprochen.
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Bis Freitag haben wir nicht genau
gewusst, wen wir einladen sollen. Sie sind erst relativ spät ins Spiel
gekommen. War das für Sie überraschend? Also ich glaube, dass meine Nominierung von Wolgang Schüssel als Signal
einer Offenheit gemeint war, der Gesprächsbereitschaft und - bitte das
nicht falsch zu verstehen - als ein Signal für die Kunst. Sind Sie als Staatssekretär beim Bundeskanzler direkt
angesiedelt? Ja. Das war ja bei Klima und Wittmann heftig kritisiert. Heißt das,
Kunst ist nach wie vor Chefsache? Die Kunst ist Chefsache, weil ich bin der Chef! Das war ja damals nicht so, Klima hat das ja für sich reklamiert und
dennoch dieses Staatssekretariat eingerichtet. Was hat sich da
verändert? Hier herrscht vollkommene Klarheit zwischen Wolfgang Schüssel und mir.
Für die Kunst ist der Herr Morak verantwortlich. Ich habe nie kritisiert,
dass die Kunst im Bundeskanzleramt angesiedelt war, ich habe kritisiert,
dass die Durchlässigkeit der österreichischen Kulturbürokratie ein Problem
in diesem Land darstellt und ich glaube, das haben wir gemeistert mit
dieser Lösung. Sie haben jetzt Aufgabenbereiche aus drei Ministerien, haben Sie
auch ein Budget, über das Sie alleine verfügen? So ist es. Aber wissen Sie, ich bin jetzt zwei Tage im Amt und ich
werde Ihnen kein Programm liefern außer dem, das wir im Koalitionsabkommen
festgeschrieben haben. Dieses Programm finde ich ambitioniert, offen und
eigentlich ziemlich gut. Wir haben zwei Zugänge, der eine ist der, den man
Kulturwirtschaft nennt, das heißt "creative industries" - also endlich ein
Kunstmarkt, ein Markt für Kreativität - und auf der anderen Seite die
Kunstförderung. Es hat in den letzten Tagen von Seiten der Künstler heftige Proteste
gegeben, wie werden Sie reagieren? Ich bin davon doch einigermaßen irritiert und betroffen, von den
Boykott-Drohungen und der grundsätzlichen Haltung hier nicht mehr
aufzutreten. Ich glaube, dass nichts von dem, was wir vorhaben, was in
unserem Programm steht, auch nur in Ansätzen rechtfertigt, dass man so
skeptisch dagegen ist. Ich verstehe alle Vorurteile, die man gegen Jörg
Haider hat, gegen die FPÖ hat, aber gegen dieses Regierungsprogramm
nicht... Die Kritik richtet sich aber nicht gegen dieses Regierungsprogramm,
das wissen Sie. Die Kritik richtet sich, soweit ich sie verstehe, gegen
die Beteiligung der FPÖ an der Regierung. Diesen Protest, den habe ich auch formuliert. Es ist natürlich klar,
dass jeder vernünftige Mensch seinen Protest gegen die Äußerungen der F in
der Vergangenheit formuliert hat. Das habe ich auch getan, aber ich habe
nie die Ausgrenzungspolitik betrieben. Ich habe gesagt bis hierher und
nicht weiter, ich halte das nicht aus, aber ich habe die politische
Option, das politische Gespräch nicht abgelehnt. Sie haben auf eine Frage in der Kleinen Zeitung im Februar '96, ob
man die FPÖ ausgrenzen soll oder nicht, geantwortet, dass sich Haider
selbst ausgrenze, darüber müssten wir uns keine Sorgen machen. Das ist
doch eine andere Fassette, was hat ihre Position verändert? Dazwischen hat es doch Regierungsverhandlungen mit der SPÖ gegeben und
ich habe eine klare Präferenz für die große Koalition gehabt, aber diese
Verhandlungen sind leider gescheitert, und die einzige Option war die, die
jetzt eingetreten ist. Sie sind als Kritiker der FPÖ und Jörg Haiders bekannt, was hat Sie
zu Ihrem Meinungswechsel bewogen? Wir haben in der letzten Zeit viele Artikel von wichtigen Leuten wie
Burger, Menasse, Pfabigan oder Liessmann gehabt, die sich über die
Hermetik in diesem Lande geäußert haben, dass nichts mehr geht und ich
meine, dass ein Wechsel nicht ohne Schmerzen erfolgt, aber ich glaube, à
la longue ist das ein richtiges Signal in einer funktionierenden
Demokratie. Die Freiheit der Kunst steht außer Frage, die ist verfassungsmäßig
gesichert. Aber sollten Künstler wie Kolig, wie Nitsch oder Jelinek von
Ihrem Koalitionspartner angegriffen werden, würden Sie daraus Konsequenzen
ziehen? Ich habe das ja im Parlament schon abgehandelt, ich habe mich sogar bei
Nitsch für das entschuldigt, was ihm die ÖVP in der Vergangenheit angetan
hat, und ich stehe als Bürgerlicher und als Künstler im Lager der
Künstler, nicht nur weil ich einer bin, sondern weil ich der Überzeugung
bin, dass dieser Widerspruch zwischen Kunst und Politik immer gegeben ist
und immer möglich sein muss. Sie sind jetzt ein Mann mit viel Macht, was bedeutet das für
Sie? In einer Demokratie ist das ziemlich gefiltert und das ist gut so. Das
heißt, ich arbeite mit großer Akribie, Geduld und einigem Wissen im Feld
der Kulturpolitik. Ich sehe das nicht als einen Zugewinn an Macht, sondern
das ist eine Aufgabe, wie ich sie immer gerne übernommen habe, am Theater
oder in der Musik. Ich widme mich dieser Aufgabe mit allem, was ich habe,
und danach soll man mich beurteilen - ob es gut war, oder ob ich Fehler
gemacht habe. Und nur daran möchte ich gemessen werden. Haben Sie manchmal ein wenig Angst, dass die Macht sie
verändert? Nein, aber ich habe schon ein unsicheres Gefühl, wenn ich mich dieser
Aufgabe widme und da erst einmal hineinwachse. Also im Grunde ist das ein
großer Dschungel, in den ich mich begebe und den ich aufzuarbeiten
gedenke. Ich glaube aber, dass ich nach wenigen Tagen noch nicht absehen
kann, in welche Richtung mich das führen wird, aber ich weiß ganz genau
auf Grund der Erfahrung, die ich mit meinem Beruf als Parlamentarier habe,
dass ich es schaffen werde, Ruhe in die Szene zu bringen - ich meine in
die politischen Entscheidungen, nicht in die Szene, die soll so unrhuig
sein wie möglich - aber ich freue mich, es ist eine freudige
Erregung. | ||