Dumme Aussage

"Ich beginne in den letzten zwei, drei Jahren sehr daran zu zweifeln, ob man diese Kunst überhaupt als naive Kunst bezeichnen kann. Denn Kunst kann nicht naiv sein", sagt Charlotte Zander.


"Naive Kunst - das ist eine dumme Aussage. Noch schlimmer ist es, wenn man vom naiven Künstler spricht. Wenn ich einem Polizisten sage, er ist naiv, bekomme ich ein dickes Protokoll und kann drei Tage absitzen", erklärt Charlotte Zander, Gründerin der bedeutenden gleichnamigen Sammlung."

"Nur sur coussin rouge", Camille Bombois / ©Bild: VBK Wien

Die Privatsammlung Charlotte Zander ist weltweit die größte ihrer Art. Im September 1996 wurde sie in Schloss Bönnigheim, etwa 60 Kilometer von Stuttgart entfernt, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Über 4.000 Bilder und Skulpturen der Naiven Kunst und Art Brut hat die Münchner Galeristin Charlotte Zander im Laufe von 50 Jahren privat zusammengetragen. Die Sammlung ist nicht nur wegen ihres Umfanges spektakulär, sondern auch einzigartig in ihrer Konzentration.

Von Frankreich bis Gugging

"Zu der Zeit, als ich zu sammeln begann, gehörten diverse Maler wie z.B. Bossil oder Wittlich in dem damaligen Schubladendenken zu den Naiven. Später wurden die Grenzen verrückt und heute sie sind in der 'Art Brut' zu finden. Heute gibt es einen fließenden Übergang. Und deshalb wird diskutiert, wo gehört was hin", stellt die Kunst-Expertin fest.

Im Mittelpunkt der Sammlung stehen die Maler der klassischen französischen Naive, z. B. Exponate von Künstlern wie Bauchant, Bombois, Séraphine, Rousseau und Vivin. Neben den bedeutendsten Werken internationaler Künstler der Naive sind auch Arbeiten internationaler Künstler der Art Brut, wie z. B. Adolf Wölfli und die Künstler aus Gugging vertreten.

Vielfältige Ergänzung

Darüber hinaus findet die Sammlung eine Ergänzung durch Tattoo-Bilder, Votivgaben, Porträts und Genrebilder des 19. Jahrhunderts, mediumistische Maler (Margarethe Held, Heinrich Nüsslein) sowie polnischer und jamaikanischer Skulpturen.

Umfassender Überblick

Das Museum Charlotte Zander bietet erstmals umfassenden Einblick mit 321 Malern aus 44 Ländern in eine Gattung der modernen Kunst, die sich bis heute einer Definition der klassischen Kunsthistoriografie entzogen hat.

Die permanente Ausstellung verteilt sich auf 43 Säle von ca. 2.000 Quadratmeter Fläche. Das Erdgeschoss bietet Raum für Wechsel-Ausstellungen zu einzelnen Themen und Künstlern. Begleitende Bücher und Kataloge dokumentieren die Sammlung

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