Kunsthalle-Direktor lässt 1000 Bücher vernichten
Wien (SN-hkk). Das Buch „Gespräche. Österreichs Kunst der 60er Jahre“ wird neu gedruckt, allerdings ohne das Interview mit Alfred Hrdlicka. Dies ist einer Mitteilung der Kunsthalle Wien vom Montagnachmittag zu entnehmen. Der Verlag für moderne Kunst Nürnberg hat die erste Auflage von 1000 Stück zurückgerufen. Zuvor war Kunsthalle-Direktor Gerald Matt als Auftragnehmer des Parlaments für dieses Projekt in zwei Punkten kritisiert worden.
Erstens hat der Direktor des Diözesanmuseums Wien, Bernhard Böhler, ein Interview mit Alfred Hrdlicka geführt, doch ist in dem am 5. April präsentierten Buch „Österreichs Kunst der 60er Jahre“ als Autor dieses Interviews Gerald Matt genannt. Auch den von Bernhard Böhler an Alfred Hrdlicka gestellten Fragen ist im Buch das Kürzel „GM“ vorangestellt. Darauf forderte Böhler am 15. April über ein Schreiben seines Anwalts Albrecht Haller, das den SN vorliegt, „die vollständige Schwärzung“ des von ihm „über Alfred Hrdlicka geschaffenen Textes“. Weiters forderte er die Veröffentlichung eines gerichtlichen Unterlassungsvergleichs sowie Schadenersatz, den er als Spende für zeitgenössische Künstler weiterzugeben beabsichtigte. Die Schwärzung ist mit dem Neudruck ohne Hrdlicka-Interview hinfällig; einen Schadenersatz könnte der Autor trotzdem einklagen.
Gerald Matt hingegen ließ den SN am Montagnachmittag mitteilen, Bernhard Böhler habe „ein großzügiges, das Versehen beseitigendes Vergleichsangebot über ein in das Buch eingeklebtes deutliches Erratum nicht angenommen“.
Darauf erwiderte Böhler im SN-Gespräch, dieses Angebot sei „nicht großzügig, sondern lächerlich“ gewesen. Trotzdem habe er Matt kurz vor Ostern „als Friedensangebot“ mitteilen lassen, er wäre mit einem Erratum – samt angemessener Zahlung, die an zeitgenössische Künstler zu spenden wäre – zufrieden. Doch am Karfreitag um 19.23 Uhr sei seinem Anwalt per E-Mail mitgeteilt worden, alles sei zu spät, das Buch werde ohne sein Interview mit Alfred Hrdlicka neu gedruckt.
Zweitens wurde Gerald Matt wegen der zwei Ausstellungen und des Buchs „Österreichs Kunst der 60er Jahre“ vorgeworfen, er habe dafür in beträchtlichem Ausmaß Mitarbeiter der Kunsthalle eingesetzt, obwohl er selbst vom Parlament dafür beauftragt und bezahlt worden sei. Matt beteuerte, er habe dafür Werkverträge abgeschlossen; jeder Mitarbeiter der Kunsthalle, der am Buch mitgewirkt habe, werde gesondert honoriert. „Die Rechnungen gehen an mich privat“, sagte Matt Mitte April den SN.
Und der Vorstand des Kunsthalle-Vereins bestätigte nach den Presseberichten über das Buch, dass es sich hier „um kein Privatprojekt von Dr. Matt, sondern um eine vom Vorstand gutgeheißene Kooperation gehandelt hat“. Jedoch: In dem am 5. April präsentierten Buch ist die Kunsthalle Wien nicht erwähnt.
„Die Kunsthalle wird auch in der neuen Auflage nicht genannt“, heißt es in der Mitteilung der Kunsthalle Wien von Montag. „Die Kosten des Neudrucks werden zur Gänze vom Verlag getragen. Die Kunsthalle wird dadurch nicht belastet.“