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"Klimt war ein Antiheld"
Der "Klimt"-Film, den der Franko-Chilene Raoul Ruiz u.a. in Wien und im Salzkammergut mit John Malkovich in der Titelrolle drehte, ist keine herkömmliche Biografie-Verfilmung, sondern ein atmosphärisches Bild der letzten Lebensjahre des Malers. Am 1. März ist Österreich-Premiere.

OÖN: Ihr "Klimt"-Film scheint zum richtigen Zeitpunkt zu kommen. Sie haben sicher vom Fall der fünf Klimt-Gemälde gehört, die Österreich nun zurückgeben muss. Freuen Sie sich über die zusätzliche Aktualität für Ihren Film?

Ruiz: Nein, ich bin nicht sehr glücklich damit. Wenn die Rechtslage so ist, dann ist es nur normal, dass diese Bilder zurückgegeben werden.

OÖN: Wann sind Sie mit ihm und seinem Werk erstmals in Berührung gekommen?

Ruiz: Vor langer Zeit. Für jeden kulturinteressierten Menschen ist es ja nach wie vor ein Geheimnis, wie es Österreich in dieser Zeit der Jahrhundertwende geschafft hat, das kulturelle Zentrum der Welt zu werden. Bei uns in Valparaiso gab es drei Wiener Kaffeehäuser, die von Emigranten betrieben wurden. Wissen Sie übrigens, warum John Malkovich, der sonst niemals einen Biografie-Film akzeptiert hätte, mitspielen wollte? Weil er einmal unbedingt Mitglied der Wiener Sängerknaben werden wollte!

OÖN: "Klimt" ist allerdings das Gegenteil eines traditionellen "bio-pics" . . .

Ruiz: Klimt ist ja auch eine Art Anti-Held gewesen.

OÖN: Sie erzählen in Ihrem Film keine herkömmliche Geschichte, sondern kreisen Ihr Thema ein. "Klimt" ist mehr eine Hommage als ein Film mit Handlung.

Ruiz: Ich habe versucht, die Figur Klimt in der Weise zusammenzusetzen, wie Arthur Schnitzler Geschichten erzählt hat - mit wechselnden Perspektiven, etwas, was im US-Filmgeschäft nahezu verboten ist. Und ich habe auch versucht, einen Film zu machen, wie ihn Klimt selber gemacht hätte.

OÖN: Mit viel Gold und vielen nackten Frauen . . .

Ruiz: Natürlich sind sie nackt, weil sie ja für seine Arbeit Modell stehen.

OÖN: Sie gehen in dem Film vom sterbenden Klimt aus. Verschieben sich die Dinge im Moment des Todes?

Ruiz: Es ist nicht exakt sein Leben, sondern ein Leben, wie es sein hätte können. Ich nenne den Film ja eine Fantasie. Es gibt zwei Aspekte dabei: die Faszination des Visuellen und den Rückblick auf jene Zeit. Deshalb gibt es auch zwei Versionen, eine fast 100 Minuten dauernde Kurzversion und eine 135minütige Langversion. Eigentlich sollte man beide sehen.

OÖN: Welche werden Sie bei der Österreich-Premiere in Wien am 1. März zeigen?

Ruiz: Ich hoffe, die Langfassung. Denn wo sollte man den Film in allen seinen Details besser verstehen als hier?

OÖnachrichten vom 23.01.2006
 
   



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