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Buergel outet sich als Teamchef

Der Leiter der Documenta 12 stellt im Schauspielhaus erste Planungen vor

Für rätselhafte Äußerungen ist Roger M. Buergel bekannt, wenn nicht berüchtigt. Der künstlerische Leiter der Documenta 12 im Jahr 2007 spricht mal davon, eine "schöne" Ausstellung machen zu wollen, erweckt dann wieder den Eindruck, er wolle die Kasseler Großkunstschau gezielt sparsam und sperrig halten. Und im nächsten Moment propagiert er eine "sinnliche" Begegnung des Publikums mit der Kunst. Vielleicht dreht Buergel aber auch lediglich Pirouetten, mit denen er sich jeder Festlegung entwinden will.

Dennoch: Bei der Diskussion, zu der das Kulturforum am Donnerstag geladen hatte, wirkte der 1962 in Berlin geborene Wahlwiener erstaunlich umgänglich und auskunftsbereit. Auf der Schauspielhaus-Probebühne erklärte Buergel im Gespräch mit dem Leiter der Galerie der Gegenwart, Christoph Heinrich, und dem Chef des Hamburger Kunsthauses, Claus Mewes, gleich am Anfang, daß er sich keineswegs als "Macher" der Documenta im Alleingang sieht, sondern als Teil eines größeren Teams. Buergel, das wurde deutlich, ist kein Freund der Quote. Weder will er zur Documenta 12 die üblichen Verdächtigen des internationalen Kunstbetriebs zum zigsten Mal präsentieren. Noch möchte er die klassischen Ausstellungsstätten mit Spektakeln erfüllen. Wichtiger sind ihm die Bespielung peripherer Areale, leise, aber nachhaltige künstlerische Auftritte, Vernetzungen, Vermittlung. Dem "globalen Anspruch", der an die Documenta geknüpft ist, begegnet er mit der Einbindung "lokalen Wissens". Entsprechend sucht er den Dialog mit künstlerischen Partnern an "Orten der Dringlichkeit" aus aller Welt, beispielsweise dem ehemaligen Jugoslawien. In Kassel selbst steht er im Austausch mit einem "lokalen Parlament" von Ortskundigen. Die aus seiner Sicht zu "exklusiven" Plattformen im Vorfeld der Documenta11 ersetzt Buergel durch ein "planetarisches Diskussionsforum" in Gestalt von Magazinen. Diese behandeln drei große Themen, zugleich Leitmotive in Buergels Documenta-Konzept: "Die Moderne ist unsere Antike", "Das bloße Leben" (frei nach Walter Benjamin), und "Bildung". Die Documenta begreift Buergel auch als "Gesellschaftsarbeit": "Wir wollen nicht nur Chichi zeigen und ein Feuerwerk abbrennen, sondern Verantwortung übernehmen." bgg


Artikel erschienen am Sam, 21. Mai 2005

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