Salzburger Nachrichten am 04. Juli 2002 - Bereich: kultur
Produktiver und experimentierfreudiger Paul Klee

Die Kunsthalle Krems zeigt eine Auswahl aus der bedeutenden Klee-Sammlung von Carl Djerassi

Die Parallelen zwischen Paul Klee (1879-1940), eine der Zentralfiguren der Kunst des 20. Jahrhunderts, und dem Wissenschafter und Sammler Carl Djerassi sind verblüffend. Der aus der Schweiz gebürtige Klee wurde als "entarteter Künstler" aus Deutschland und vom Berliner Bauhaus vertrieben, war vielseitig begabt, virtuoser Geiger, Lyriker und entschied sich erst relativ spät für die Malerei. Der Wiener Carl Djerassi, Sohn eines jüdischen Ärztepaares, emigrierte nach dem Einmarsch der Nationalsozialisten in die USA, heute lebt er in San Francisco. Djerassi ist Chemiker, berühmt wurde er durch die Herstellung eines künstlichen Hormons, woraus die Antibabypille entwickelt wurde. Er ist aber auch Autor von Romanen und einer Reihe von Theaterstücken, vor allem aber begeisterter Kunstsammler.

Diese Leidenschaft konzentriert sich ausschließlich auf Paul Klee. Vierzigjährig erwarb er in der Londoner Marlborough Gallery seine ersten beiden Blätter von Klee, heute umfasst seine Sammlung 130 Arbeiten, ausschließlich Zeichnungen, Aquarelle und Druckgrafiken. Rund 80 Arbeiten aus dieser berühmten Sammlung präsentiert Direktor Carl Aigner in der Kunsthalle Krems, für ihn ist es "die bisher bedeutendste Ausstellung in meinem Haus".

Im Oberlichtsaal eröffnet die Schau mit fünfzehn exzellenten Ölgemälden aus öffentlichen und privaten Sammlungen. Die folgende, chronologisch inszenierte Djerassi-Auswahl zeigt Arbeiten aus allen Schaffensperioden Klees, beginnend mit seltenen symbolistischen Radierungen von 1903/1905 bis zum Spätwerk im Berner Exil. Klee zeichnete ja bis zuletzt wie ein Besessener, allein in seinem vollen letzten Lebensjahr 1939 sind 1300 Arbeiten entstanden. Die Kremser Schau zeigt die Einzigartigkeit des Werkes von Klee, dessen zauberhafte Poesie, die in ein feinstes, oft kompliziertes Liniengeflecht eingebundene Musikalität der Grafik.

Zahlreiche Blätter enthalten zudem eine verschlüsselte Symbolik, so der geschwungene rote Pfeil in "Pferd und Mann", der als Schicksalsmetapher gedeutet wird. Seit der gemeinsamen Tunisreise 1914 mit August Macke gewinnen magische Farbgründe an Bedeutung, schließlich bekennt Klee: "Die Farbe hat mich, sie hat mich für immer." Die Schau zeigt auch Klees Experimentierfeudigkeit, er verwendet Leinengewebe, Holz oder Pappe, hantiert mit Kreide, Gips, Lasur- oder Temperafarben.

(Bis 29. September, tägl. 10 bis 18 Uhr)

GÜNTHER FROHMANN