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Ein Spaziergang durch Wiens pulsierende Galerienlandschaft/ Von Nina Schedlmayer
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Vom Freihaus zum Projektraum

Selten war die Galerienszene in Wien so spannend wie momentan. Innerhalb der letzten Jahre schossen neue Räume aus dem Boden, kommerziell wie nichtkommerziell, konventionell wie unkonventionell, gediegen-elegant wie improvisiert-locker. Ganze Grätzel, wie etwa das "Freihaus" in Wieden, verändern sich durch die Ansiedlung von Galerien.
Als Georg Kargl vor einigen Jahren in der Schleifmühlgasse seine Galerie eröffnete, ahnte er wohl noch nicht, wie hip diese Gegend in kurzer Zeit sein würde. In seinen zum Großteil im Keller gelegenen Ausstellungsräumen zeigt er - manchmal neben einer Aufstellung aus dem permanenten Angebot - hauptsächlich internationale Künstler und Künstlerinnen, wie etwa den fotografierenden Trashregisseur John Waters oder vor kurzem Vera Frenkel, die ein Internet-Projekt zu Nazi-Raubkunst initiierte, vertritt aber auch - mittlerweile hochdotierte - österreichische Künstler und Künstlerinnen wie
Elke Krystufek oder Gerwald
Rockenschaub.


Gleich daneben reihen sich die Gassenlokale der Galeristinnen Kerstin Engholm, Christine König und Gabriele Senn. Erstere hat vor allem junge Leute wie Constanze Ruhm im Programm, die meist eigens für den Raum und in Zusammenarbeit mit der Galerie oft multimediale Projekte entwickeln; zu Christine König sollte man möglichst Samstag mittags schauen, wenn Kunstschaffende und -vermittelnde im Rahmen der lunch lectures Vorträge halten.


Gleich daneben reihen sich die Gassenlokale der Galeristinnen Kerstin Engholm, Christine König und Gabriele Senn. Erstere hat vor allem junge Leute wie Constanze Ruhm im Programm, die meist eigens für den Raum und in Zusammenarbeit mit der Galerie oft multimediale Projekte entwickeln; zu Christine König sollte man möglichst Samstag mittags schauen, wenn Kunstschaffende und -vermittelnde im Rahmen der lunch lectures Vorträge halten. Die gemeinsamen - Synergieeffekt! - Ausstellungseröffnungen der Schleifmühlgassen-Galerien sind meist knallvoll und werden später in den ebenso vollen umliegenden Lokalen fortgesetzt.
Skulptur und Malerei
Etwas gesetzter geht es in der Grünangergasse zu, etwa in der vom legendären Monsignore Otto Mauer gegründeten Galerie nächst St. Stephan. Da halten schon mal Kulturstadträte oder Universitätsprofessoren die Eröffnungsansprache. Rosemarie Schwarzwälder, die die Galerie seit 1978 leitet, präsentiert unter anderem Kunst an der Schnittstelle von Skulptur und Malerei, vertreten von Künstlerinnen wie Jessica Stockholder oder Katharina Grosse ebenso wie Video- und Fotoarbeiten, etwa das Oral History Projekt von Rainer Ganahl, der österreichische Emigranten in New York interviewte.
Die benachbarten Galerien Tiller & Ernst, Chobot und Contact sind hauptsächlich auf österreichische Malerei spezialisiert, die nicht immer mehr ganz so zeitgenössisch sein muss.
Ein ähnliches Programm hat die Galerie Lang in der Seilerstätte, die allerdings immer wieder neben etablierten Künstlern wie Alfons Riedl oder Hans Staudacher auch die Arbeiten von jüngeren Generationen zeigt wie etwa zuletzt Nina Marons "Rebellinnen". Eine Tür weiter, im gleichen Haus, betreibt Ursula Krinzinger, die im Moment mit einer Hommage an Rudolf Schwarzkogler das 30-jährige Jubiläum feiert, ihre Galerie.


Mit der Vertretung von Schwarzkogler und anderen Künstlern hat sie in den 70er-Jahren Pionierarbeit für den Wiener Aktionismus geleistet und sich zusätzlich zur Beschäftigung mit Malerei schon früh für Performance und Body Art engagiert.


Mit der Vertretung von Schwarzkogler und anderen Künstlern hat sie in den 70er-Jahren Pionierarbeit für den Wiener Aktionismus geleistet und sich zusätzlich zur Beschäftigung mit Malerei schon früh für Performance und Body Art engagiert. Neben längst Arrivierten wie Maria Lassnig, Arnulf Rainer, Hermann Nitsch werden auch jüngere Positionen gezeigt und hin und wieder Gruppenausstellungen veranstaltet, wie etwa zuletzt die von Eva Schlegel und Erwin Wurm aus dem Fundus der Galerie zusammengestellte Schau "Ausgesucht".
Unter anderem dezidiert politisch engagierte Kunst vertritt, gleich in der Nähe, die Galerie H. S. Steinek, die den auf der vorigen Biennale von Venedig nicht wirklich programmgemäß als Bundeskanzler auftretenden Julius Deutschbauer in der Ausstellung mit dem schönen Titel "Biersinn, Irrsinn, Unsinn, Kärnten" seinen etwas donquichottesken Kampf gegen die Brau Union zeigte. Oder auch Grita Insam in der Köllnerhofgasse: sie präsentierte im Vorjahr die slowenische Künstlergruppe IRWIN, die militärische und nationalstaatliche Rituale und Zwänge hinterfragen. Ähnlich die Galerie Charim, die mit
Milica Tomic eine wichtige Vertreterin der regime- und nationalismuskritischen Medienkunst des ehemaligen Jugoslawien im Programm hat.
Der Erste, der seine Fühler in Richtung Osten ausgestreckt hat, war freilich Hans Knoll. Die seit 20 Jahren bestehende Budapester Dependance seiner in einem lauschigen Hinterhof gelegenen Galerie in der Esterházygasse ermöglicht einen Austausch zwischen ungarischen und österreichischen Künstlern und Kuratoren. Das Programm ist dabei formal und inhaltlich denkbar heterogen: die monochromen Gemälde von András Bernát etwa haben wenig gemeinsam mit den bissigen, Kunstbetrieb und Politik verhöhnenden Farbstiftzeichnungen und Plastilinwürstchen von Alexander Brener und Barbara Schurz.
Mobiles Symposion
Daneben organisiert die Galerie auch Kunstreisen nach Moskau und hat mit der Aktion White Flags ein "mobiles Symposion in offenen Ateliers" ins Leben gerufen, das nach dem Start in Moskau in anderen osteuropäischen Städten fortgesetzt wird. Einem interessierten Publikum wird so der direkte Kontakt mit Kunstschaffenden, aber auch Museumsleuten ermöglicht.
Rund um die Mariahilfer Straße hat sich abseits von den schicken Treffpunkten in der Innenstadt überhaupt eine relativ entspannte Galerienszene entwickelt: seit 1997 zeigt der "ausstellungsraum mezzanin" junge internationale Kunst, die noch nicht so etabliert ist. Ebenfalls eine Art Entdeckergalerie scheint das von Amer Abbas betriebene "kunstbuero" in der Schadekgasse zu sein: immerhin wurden hier mit der Gruppe "Gelatin" die vorjährigen Biennaleteilnehmer erstmals in Wien gezeigt.
Das "kunstbuero" versteht sich nicht als gewöhnliche Künstlervertretung, sondern als Projektraum, in den oft auch externe Kuratorinnen oder gleich ganze Künstlergruppen und Galerien eingeladen werden. Mit dem neu konzipierten "Visuellen Kollektiv" sollen in Zukunft die Grenzen der gängigen Präsentationspraxis erweitert werden - in Richtung einer Form der Vermittlung, die neben den Ausstellungen auch verstärkt andere, über den Raum hinausgehende Projekte forciert und vor allem auch als eine Diskussionsplattform fungieren soll.
In der benachbarten "kunsthalle 8" werden speziell auf den - wahrscheinlich kleinsten - Galerieraum Wiens bezogene Einzelausstellungen realisiert, die oft thematisch oder strukturell mit dem "kunstbuero" verbunden sind. Auch hier liegt der Schwerpunkt auf jungen Künstlern und Künstlerinnen, denen vor allem ein gewisser Witz nicht fehlt, wie etwa Susi Jirkuff, die in ihrer Installation Cry den Krimikommissar Horst "Tränensack" Tappert alias Derrick unter einem an die Wand projizierten Palmendach zu einem Beastie-Boys-Song singen und weinen lässt.
Das dritte Standbein in diesem Konglomerat ist der "futuregarden artclub", eine sympathische, improvisierte und von halbwegs unaufgeregten Kunstmenschen besuchte Bar, die bei den Eröffnungen aus allen Nähten platzt. Den gleichen Namen trägt ein Kunstverein, der in unregelmäßigen Abständen nicht unbedingt an den Raum gebundene Projekte organisiert.
Ein ebenfalls nichtkommerziell orientierter Ausstellungsraum hat im November 2000 mit dem "Offspace" eröffnet, der auf Kommunikation zwischen Kunstschaffenden und Publikum, mitunter auch auf Interaktion setzt, sowohl was die Art der Vermittlung als auch die Kunst selbst betrifft - zwei Bereiche, die hier oft ineinander übergehen: so konnte man voriges Jahr in Pullers Casino mit Satzbausteinen und Ludwig Wittgenstein um sein Wertesystem spielen oder im Warteraum von Adrian Schiess in
Zeitschriften blättern, die aus Medienmüll der letzten Jahrzehnte collagiert wurden, und den anonym klingenden Durchsagen lauschen.
Soho in Ottakring
Eine andere Form stellen die von Künstlern selbst betriebenen Galerien dar, wie etwa die "IG Bildende Kunst", die vor zwei Jahren ihre neuen Räumlichkeiten in der Gumpendorfer-Straße eröffnet hat und meist thematische Gruppenausstellungen von ihren Mitgliedern organisiert. Die IG Bildende Kunst hat auch das alljährlich im Frühsommer stattfindende Festival Soho in Ottakring initiiert: die zunehmende infrastrukturelle Verödung von Vorstadtgegenden - wie etwa jenes rund um den Brunnenmarkt - brachte ein paar Leute auf die Idee, in Geschäftslokalen Kunst auszustellen.
Darüber hinausgehend versuchen ortspezifische Aktionen die dort wohnenden und arbeitenden Menschen einzubeziehen. Das in Zusammenarbeit mit dem "Marketingbüro der Einkaufsstadt Wien" realisierte Projekt hat bereits dazu
beigetragen, dass einige Lokale wieder aktiviert wurden, sowohl in Form von Ateliers als auch von
neu eröffneten Geschäften in
der nun wieder aufgewerteten Gegend.
Es zeigt sich, dass neben den etablierten Galerien eine Reihe von kleineren, subversiven Räumen existiert, deren Entdeckungen sich vielleicht nicht so einfach verkaufen lassen. Zu hoffen ist, dass auch in Zukunft Platz dafür bleibt. Aktionen wie "Das engagierte Auge" der Stadt Wien, bei der Preise an Galerien vergeben werden, machen zwar durchaus Sinn, sollten aber viel mehr diejenigen berücksichtigen, die sich oft auf selbstausbeuterische Art und Weise engagieren und nicht viel Geld von gutsituierten Sammlern erwarten können und wollen.
Auch die neue Galerienförderung ist kein ganz unproblematisches Kapitel: anstatt die Galerien direkt zu fördern, werden Gelder an die Museen vergeben, die für Ankäufe von Galerien zweckgebunden sind. Hoffentlich entdecken diese ihre Liebe zum Risiko. Ansonsten wird für einige das Überleben noch unmöglicher.


Erschienen am: 08.02.2002

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