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Frieze Art Fair: Kleine Fische und großes Geld

16.10.2010 | 18:16 | von SABINE B. VOGEL (Die Presse)

Auf der Frieze Art Fair in London können neue Künstler durchgesetzt werden, was namhafte österreichische Galeristen gern nutzen.

Letzte Woche Berlin, jetzt London und nächste Woche Paris – im Oktober gehen die Kunstmessen nahtlos ineinander über. Manche wie die Wiener Galeristin Ursula Krinzinger nehmen gleich an allen drei teil, andere wie Gabriele Senn setzen den Schwerpunkt auf die Londoner Frieze Art Fair. Was aber macht den entscheidenden Unterschied zwischen den drei Messen?

Die artforum in Berlin ist eher regional. Die FIAC in Frankreich ist eingebettet in eine große, weitreichende Sammlertradition. Die Frieze Art Fair in London, die seit 2003 in einem Festzelt im Regent's Park stattfindet, ist eine „Durchsetzungsmesse“, wie es Christian Meyer formuliert. Nicht nur die Menge der internationalen Sammler, vor allem deren Interesse an tiefer gehenden Informationen verhelfe auch weniger bekannten Positionen zum Durchbruch. Hier könne man österreichische Künstler einem ausgezeichneten, internationalen Publikum bekannt machen, bestätigt Georg Kargl.


Warteschlangen. Tatsächlich bilden sich von der ersten Sekunde der Voreröffnung an Warteschlangen vor dem Eingang. Weil schon in den ersten Stunden die Topwerke verkauft sind, geht die Ankaufskommission der Tate London bereits am Vorabend erstmals durch die Messe und reserviert sich bei dem jährlichen Etat von 120.000 Pfund die besten Stücke, davon drei Objekte von Julius Koller bei Martin Janda.

Zwei Gänge weiter steht Franz Wests großartiger „Direktions-Schreibtisch“ (1982) bei Meyer Kainer für 550.000 Euro gleich bei drei Museumsdirektoren auf der Wunschliste – aber deren Ankaufswege sind langsam. Mehrere Gremien müssen durchlaufen, oft muss erst das Geld herbeigeschafft werden. Am zweiten Tag sind schon zahlreiche Stände neu gehängt, gleich verkauft war angeblich auch Damien Hirsts Wandregal-Vitrine, diesmal nicht gefüllt mit Edelsteinen, sondern mit kleinen Fischen – für großes Geld („White Cube“, 3.5 Mio. Euro).


Geglättete Repräsentationsware. Bei all der Kauf- und Verkaufseuphorie gab es aber auch Kritik. Viele Werke wie der offensichtlich rein auf Sammlerinteressen hin geformte Wandkamin von Ugo Rondinone sind allzu dekorativ, die Kollegen vom Berliner „artnet“-Magazin sprechen gar generell von „geglätteter Repräsentationsware mit einem Hauch artifiziellem Radical Chic“ auf der Messe. Tatsächlich leistet sich kaum einer einen unerwarteten Auftritt, nur David Shrigley umzäunt den Stand der Galerie Stephen Friedmann mit einem Gitter. Der Kunstkäfig ist nur durch die Tore mit den Worten „Words“ und „Death“ zu betreten. Brav sind die kuratierten Stände der 25 jungen Galerien im Bereich „Frame“, die Gängiges durchprobieren.

Auch auf der kleinen Parallelmesse „Sunday“ haben die jungen Galerien keine Überraschungen zu bieten. Messen, das wird in London noch deutlicher als in Berlin, können auch nur das widerspiegeln, was vorhanden ist – und erstaunliche Entdeckungen sind bei der immer weiter wachsenden Menge an Kunst, Künstlern, Galerien und Kunstmessen immer seltener zu machen. Oder ist es nur unsere schiere Überforderung, durch die wir die leiseren Töne, poetischen Werke, komplexen Konzepte allzu leicht übersehen?


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