Der Sammlerkönig borgt sich die Kunst der Kaiser
ERNST P. STROBL BADEN-BADEN (SN). Baden-Baden ist ein merkwürdig beschauliches Städtchen. Diese Dichte von Apotheken, Arztpraxen und Pelzträgerinnen in fortgeschrittenem Alter findet man kaum anderswo. Man genießt in Ruhe den Wohlstand. Das tut wohl auch Frieder Burda, zweiter Sohn der Verlegerlegenden Franz und Aenne Burda. Der 72-jährige Kunstsammler – ohne seine Leihgaben wäre die aktuelle Gerhard-Richter-Ausstellung in der Albertina nicht denkbar – hat nicht nur 2004 ein aufregendes Privatmuseum von US-Architekten Richard Meier errichten lassen, er beherbergt dort bis 14. Juni „Die Künstler der Kaiser“, also rund 70 Gemälde, sieben großflächige Wandteppiche und rund 50 Schätze aus der Kunstkammer des Kunsthistorischen Museums (KHM) Wien. Frieder Burda zahlt alles. Die Frage, was ihn das koste, beantwortet er freundlich lächelnd: „Ach, das weiß ich nicht. Die Buchhaltung wird das eher wissen.“Merkwürdiges Baden-Baden: rund 50.000 Einwohner, und allein das Museum Frieder Burda verzeichnet rund 200.000 Besucher pro Jahr. Auch bei der Ausstellung des KHM wird nicht lang gerechnet, 100.000 Besucher fände er positiv, sagt Burda. Sein bisheriger Rekord war eine Chagall-Ausstellung mit 195.000 Besuchern. Dass ihm das österreichische Museum die einzigartigen Schätze überließ – allein die Gemäldegalerie „borgte“ ihm Werke von Velasquez, Veronese, Tintoretto, Adrian de Vries, Jan Brueghel, Van Dyck oder Canaletto –, betrachte er als „Vertrauensbeweis“. Auch Sabine Haag, die zur Eröffnung am Donnerstag angereist war, sieht das Gastspiel in Baden-Baden als Sache des Renommees und als „großes Experiment“. Immerhin könne sie da die Kostbarkeiten aus „ihrer“ Wunderkammer wie Elfenbeinschnitzereien, eine goldene Äquatorialuhr oder Albrecht Dürers „Kunstbuch von Nürnberg“ zeigen, die es in Wien öffentlich nicht zu sehen gebe. Auch wer die sieben monumentalen Wandteppiche zur Schlacht um Tunis sehen will, die Kaiser Karl VI. zu Ehren seines Ahnen Karl V. im frühen 18. Jahrhundert in Brüssel weben hat lassen, kann sie nur bei Burda sehen, wo sie im Verein mit habsburgischen Herrscherbüsten das Erdgeschoß dominieren.
Götz Adriani, Vorstand der Stiftung Frieder Burda, hat die Ausstellung noch mit Sabine Haags Vorgänger als Generaldirektor des KHM, Wilfried Seipel, eingefädelt und die imperiale Schau kuratiert. Dass die Habsburger aus dem schwäbisch-alemannischen Raum stammen, also quasi aus der Gegend, wird geflissentlich erwähnt. Zur Eröffnung war Otto Habsburg, Sohn des letzten Kaisers, eingeladen. Dass die Habsburger in Jahrhunderten eine immense Sammlung aufgebaut hatten, macht die verhältnismäßig „kleine“ Ausstellung mit ein paar Glanzstücken jedem klar. Schon im Guggenheim-Museum in Bilbao hatte die Habsburger-Schau im Herbst des Vorjahres 280.000 Besucher angezogen.
Für Frieder Burda soll der „Ausflug“ zu den alten Meistern ein Einzelfall bleiben, er sammelt weiterhin zeitgenössische Kunst und verfügt derzeit über rund 800 Arbeiten von Georg Baselitz über Siegmar Polke bis Gerhard Richter, die er großzügig für Ausstellungen verleiht.
Zum Schutz der alten Meister aus Wien musste das wunderbar lichtdurchflutete Museum abgedunkelt werden, ab 27. Juni zur Ausstellung zum „Blauen Reiter“ und zur Baselitz-Retrospektive ab Oktober werden die Fenster wieder geöffnet.
Gast in Baden-Baden war übrigens auch Wilfried Seipel, nach seinem Rückzug in die Pension nicht untätig. Er bereite eine „große Ägypten-Schau“ vor, erzählt Seipel den SN, die in Seoul gezeigt werde, danach in Sydney in Australien und zuletzt im Nationalmuseum in Singapur.Internet: www.sammlung-frieder-burda.de