text breit  text schmal  
drucken 
Bilder keine Bilder

derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
08. Juli 2005
13:36 MESZ
Link

documenta 
Foto: APA/dpa
Roger M. Buergel

documenta-Leiter hat Überraschungen in petto
Roger M. Buergel will auf unbekannte KünstlerInnen setzen - Austausch mit Kunstzeitschriften als Basis

Kassel - Der Leiter der kommenden Weltkunstschau documenta 12, Roger M. Buergel, möchte das Publikum mit Künstlern überraschen, die sonst nicht zum Repertoire internationaler Großausstellungen gehören. An der Auswahl der Künstler arbeite er deshalb im Austausch mit 70 renommierten Kunstzeitschriften aus aller Welt, sagte der Wahlwiener in Kassel. Die Kunst aus fremden Ländern wolle er dem Publikum eingebettet in ihren lokalen Zusammenhang erklären. Hauptthemen der documenta 12 vom 16. Juni bis 23. September 2007 seien die Frage der Moderne, der Bildung und der reinen Existenz.

Der Austausch mit den Kunstjournalisten solle dazu dienen, die Grundthemen der documenta global durchzuarbeiten. "Dieses Zeitschriftenprojekt dient mir, wenn ich die Ausstellung mache, wie eine Suchmaschine", sagte der aus Berlin stammende Künstler und Theroretiker. "Mir bringt es nichts, wenn ich drei Tage in Dakar bin und vier Tage in Beirut, ich sehe da ja im Grunde nichts, außer den üblichen Verdächtigen", so Buergel. Das nun geschaffene Netzwerk stoße ihn jedoch auf künstlerische Praktiken, mit denen er nicht gerechnet habe.

"Die" Moderne in den Regionen der Welt

"Die Idee war herauszufinden, was die Moderne, die immer als universales Thema behandelt wird und unser Leben formt, in Afrika, im postsowjetischen Raum, im arabischen Raum und in Lateinamerika bedeutet", erklärte Buergel. Das Begreifen der lokalen Kontexte sei Voraussetzung dafür, zeitgenössische Kunst überhaupt verstehen zu können. Der Austausch mit örtlichen Kunstkennern ermögliche es, diese Zusammenhänge und historische Positionen in die documenta einzuflechten und zeitgenössische Kunst anschaulicher zu machen.

"Das ist ein großes Problem, was die documenta hat: Da kommen zwar Sachen aus Latein-Amerika oder Afrika, die dort etwas Bestimmtes bedeuten, aber für ein Publikum der documenta überhaupt nicht mehr verstehbar sind." Zur Vorbereitung der documenta und Verdeutlichung ihrer Inhalte plant Buergel drei documenta-Zeitschriften im Frühjahr und Herbst 2006 sowie im Frühjahr 2007. Die Beiträge sollen von den 70 an der Vorbereitung beteiligten Kunstzeitschriften kommen. "Ich denke aber, dass man durch die Ausstellung auch ohne diese Magazine zu kennen fröhlich trällernd schlendern kann und etwas davon hat."

Buergel (42) wurde vor anderthalb Jahren zum Leiter der documenta 12 bestimmt. Der gebürtige Berliner lebt in Wien und gilt als kompetenter Kunstkritiker und Theoretiker. Über seine Arbeit bei der Kunstzeitschrift "Springerin" knüpfte er Kontakte mit bedeutenden Gegenwartskünstlern. Er unterrichtet an der Kunsthochschule Lüneburg.(APA/dpa)


© 2005 derStandard.at - Alle Rechte vorbehalten.
Nutzung ausschließlich für den privaten Eigenbedarf. Eine Weiterverwendung und Reproduktion über den persönlichen Gebrauch hinaus ist nicht gestattet.