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Die Künstler Adi Rosenblum und Markus Muntean im Gespräch/ Von Lisa Grotz
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"Das ist alles durchkonstruiert"

Wiener Zeitung: Sie arbeiten als Paar gemeinsam an ein und dem selben Bild. Das ist ungewöhnlich.
Muntean: Es stimmt schon, dass da vierhändige Bilder entstehen. Der Entstehungsprozess freilich gliedert sich in viele Phasen.
Rosenblum: Und das ist viel banaler als man denkt. Wir haben uns an der Akademie in Wien kennen gelernt. Jeder hat lange seine eigenen Dinge gemacht. Doch dann war es eine bewusste Entscheidung zusammenzuarbeiten. Wir wollen auch, indem wir eine gemeinsame Identität konstruiert haben, einem herkömmlichen, auratischen Künstlerbild entgehen.
Muntean: Das ist natürlich eine rein konzeptuelle Angelegenheit.
Rosenblum: Unsere Arbeit besteht aus verschiedenen Medien, Video, Malerei, Fotografie, Installationen. Diese wollen wir möglichst alle bedienen.

Die Malereien entstehen auf der Basis von Life-Style und Fashion-Magazinen. Wir versuchen dieses Material zu recyclen und der Wiederverwendung eine komplett andere Bedeutung zu geben. Es gibt in diesen Magazinen keine Abbildungen von reifen und erwachsenen Menschen.

Die Malereien entstehen auf der Basis von Life-Style und Fashion-Magazinen. Wir versuchen dieses Material zu recyclen und der Wiederverwendung eine komplett andere Bedeutung zu geben. Es gibt in diesen Magazinen keine Abbildungen von reifen und erwachsenen Menschen. Unsere Gesellschaft basiert auf dem Image der Jugendlichkeit.
Muntean: Uns liegt daran, mit dem Life-Style-Material so umzugehen, dass die Diskrepanz zwischen Image und Wirklichkeit deutlich wird.
W. Z.: Sie beschäftigen sich also mit der Vergänglichkeit?
Rosenblum: Wir wollen nicht sagen, dass die jungen Vorzeige-Menschen aus den Magazinen keine Identität haben, aber sie werden als identitätslose Geschöpfe abgebildet, als virtuelle Figuren.
Muntean: Das ist ein Prozess der Individuation, in den wir das Porträthafte, das Auratische der Malerei dann wieder mit einbringen wollen.
W. Z.: Es gibt einen intensiven Dialog zwischen ihren Bildern und den Texten, die sie ihnen unterlegen.
Rosenblum: Es geht uns um den nicht gehörten Schrei, um die Sprachlosigkeit, der wir entgegenwirken wollen.
Muntean: Wobei immer zuerst das Bild entsteht und der Text abschließend hinzugefügt wird. Die Texte stehen keineswegs in einem Eins-zu-Eins-Erklärungsverhältnis zu den Bildern. Sie sollen das Element des Pathos, des Emotionalen verstärken und weiterführen zu der Frage, wer da eigentlich spricht.
Also suchen wir meist Texte, die etwas Aphoristisches haben oder auch pathetisch beladene "Weisheiten", die sich an der Kippe befinden zum Nichtssagenden; Philosopheme könnte man sagen.
Rosenblum: Natürlich wollen wir den Betrachter berühren und setzen dafür die Sprache ein, die immer eine stärkere Betroffenheit auslöst. Es soll sein wie eine Momentaufnahme des Innehaltens, ein Augenblick der Erleuchtung, der die Bilderflut, der wir täglich rund um die Uhr ausgesetzt sind, zum Stoppen bringt.
W. Z.: Gehen all eure gemalten
Figuren auf Abbildungen zurück?
Rosenblum: Ja, durchaus. Wir nehmen von einer Abbildung den Kopf, von einer anderen den Körper. Das ist alles durchkonstruiert. Die Images aus den Magazinen sind unser Material.


Muntean: Indem wir Texte benutzen, wollen wir auch weg von der Vorstellung des autarken Bildes, des Tafelbildes, das die Welt als etwas in sich Geschlossenes repräsentiert; wir wollen weg von der Implikation, man könne die Welt tatsächlich abbilden.


Muntean: Indem wir Texte benutzen, wollen wir auch weg von der Vorstellung des autarken Bildes, des Tafelbildes, das die Welt als etwas in sich Geschlossenes repräsentiert; wir wollen weg von der Implikation, man könne die Welt tatsächlich abbilden.
W. Z.: Gleichzeitig stellen Sie auch das Bedeutungsvolle der Sprache in Frage?
Rosenblum: Was hinführen soll zu der Frage, wie es denn weitergehen soll mit der modernen Gesellschaft ohne wirkliche Religion und ohne Werte.
Muntean: Wir spielen auch mit dem Misstrauen gegenüber der Sprache, denn jede Frage nach der Identität zieht die Frage nach sich, wer da eigentlich spricht. Da spielen sehr viele Elemente des Poststruktualismus mit.
W. Z.: Sie sprechen an auf die mögliche Diskrepanz zwischen Individualität und Sprache.
Rosenblum: Wir gehen aus vom Individualismus als einer romantischen Idee des 19. Jahrhunderts. Zudem ist das von uns verwendete Material auch anti-individuell. Alles was wir aus den Modemagazinen und der Werbung sammeln ist uniform geprägt und bestimmt von Codes.
Muntean: Individuationsgesten und Subjektivitätssplitter - dieses Material wollen wir offen halten mit Blick auf die Möglichkeiten des homogenen Subjekts.
W. Z.: Ich habe festgestellt, dass ich zunächst sehr emotionell auf ihre Arbeiten reagiert habe, dann aber, nach intensiverer Auseinandersetzung innerlich auf Distanz zu den Bildern gegangen bin.
Muntean: Das beabsichtigen wir. Wir wollen eine komplette Identifikation verhindern, weil uns das naiv erscheinen würde.
Rosenblum: Im Grunde wollen wir ja, dass sich der Betrachter dabei ertappt, berührt zu werden und sich dann Gedanken darüber macht.
W. Z.: Aus vielen der den Bildern unterlegten Slogans spricht der Erbschuldgedanke.
Rosenblum: Wir haben uns stark damit auseinandergesetzt, wie man existentielle Fragen nach dem Sinn des Lebens, nach Tod und Erlösung heute malerisch umsetzen, beziehungsweise beantworten kann. Die alten Meister, wie Tizian, haben darin für uns Vorbildfunktion.
W. Z.: Ein Bild sehe ich diesbezüglich als exemplarisch. Es zeigt einen ratlosen, jungen Mann, den sie sagen oder denken lassen, man könne ihn im Grunde ja für alles, was ihm an sich selbst gefalle, ins Gefängnis stecken. Faszinierend daran ist, dass dieser Mensch in der denkbar größten Beziehungslosigkeit zu sich selbst steht.
Rosenblum: Ja, diese Figur steht sich selbst völlig verständnislos gegenüber und wir wollen ihr helfen, ihr Unbehagen als Anklage zu artikulieren.
W. Z.: Ist das Thema Jugendkultur für sie von uneingeschränkter Aktualität?
Muntean: Das hat sich als Essenz unserer Arbeit herausgebildet und hat mit behutsamer Selektion zu tun. Doch soll sich kein falscher Realismusbegriff einschleichen - unsere Darsteller sind alle Konstrukte.
Rosenblum: Wir wollen jede Psychologie vermeiden. Eher sind wir einer Archetypus-Idee auf der Spur. Wir vermeiden es auch, uns selbst zu thematisieren, indem wir zusammenarbeiten. Die Vermeidung alles autobiographischen Materials gehört zu unserem Konzept.
Muntean: Wenn der Künstler selbst visuell präsent wird, bekommt das Werk eine ganz andere Gewichtung und neue Implikationen und Konnotationen, denen man sich stellen muss.
Rosenblum: Vielleicht sind wir als Maler eher so wie Regisseure, die Filme machen.
W. Z.: Sind sie als (Liebes-)Paar sehr symbiotisch?
Rosenblum: Oh ja, das ist eine Lebensaufgabe, die wir teilweise auch schon erfüllt haben. Und das war sehr schwierig.


Erschienen am: 08.02.2002

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