10.10.2003 19:20
Lentos, das "illegale" Linzer Blendwerk
Weil sie sich von der Glasfassade des Kunstmuseums Lentos geblendet
fühlt, hat eine Anrainerin Klage erhoben - und Recht bekommen
Der Verwaltungsgerichtshof hat nun die Baubewilligung
aufgehoben. Die Klägerin fordert Schadensersatz.
Linz - Gerade jetzt, wo sich das neue Linzer Kunstmuseum Lentos als
Wahrzeichen der oberösterreichischen Landeshauptstadt etabliert hat, wirft
Justitia kuriose Schatten auf die gläserne Fassade des außergewöhnlichen Baus.
Fünf Monate nach der Eröffnung des Millionenprojekts hat der österreichische
Verwaltungsgerichtshof die Baubewilligung aufgehoben - die neue Kunstmeile steht
somit ab sofort "illegal" an den Ufern der Donau.
Grund für die kuriose
Entscheidung ist die Klage einer Anrainerin, die in unmittelbarer Nähe des
Lentos wohnt und vor allem der gläsernen Haut - die nächtens auch noch farblich
variiert - wenig Positives abgewinnen kann. Schon während der Bauphase
befürchtete die Frau angesichts der 130 Meter langen Glasfläche spätere
Einschränkungen ihrer Wohnqualität, etwa "durch eine Hitzebestrahlung im Sommer,
störende Blendungseffekte oder eine verstärkte Lärmbelästigung durch eine
Echowirkung", und wandte sich besorgt an die Stadt Linz als Baubehörde erster
Instanz.
In einem nachfolgenden Baubewilligungsverfahren wurde der Frau
aber keine Parteienstellung zuerkannt. Von der modernen Kunst geblendet, wählte
die Frau daraufhin den Rechtsweg und wandte sich an den Linzer Anwalt Alfred
Windhager. Dieser reichte nach einer Begutachtung die Klage an den
Verwaltungsgerichtshof weiter. Ein Urteil gab jetzt der Anrainerin Recht: Da die
Frau innerhalb der vorgeschriebenen 50 Meter-Zone wohnt, hätte man in diesem
Fall eine Parteienstellung genauer prüfen müssen, so der
Schiedsspruch.
"Natürlich verlangen wir jetzt nicht den Abriss des Lentos
- das wäre irrsinnig -, aber meine Mandantin hat auf alle Fälle Anspruch auf
einen entsprechenden Schadensersatz", erklärt Windhager.
Vonseiten der
Stadt Linz steht man der Sache gelassen gegenüber: Man werde nun aufgrund des
aktuellen Urteils die "Frage des Parteienstellung erneut überprüfen", erklärt
die Leiterin des Bauamtes der Stadt Linz, Martina Steiniger. Wäre dann diese
nach neuer Überprüfung doch gegeben, müssten konkrete Gutachten erstellt werden.
"Wird dabei eine Beeinträchtigung für die klagende Anrainerin festgestellt, muss
man sich Maßnahmen - etwa Sichtblenden - am Lentos überlegen", so Steininger.
(Markus Rohrhofer/DER STANDARD; Printausgabe, 11./12.10.2003)