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Hauptausgabe vom 29.08.2003 - Seite 005
Wer bestimmt eigentlich, was wir wissen dürfen?

Regelung oder Einschränkung digitaler Rechte? Also statt "Digital Rights Management" (DRM) "Digital Restriction Management"? die Urheberrechtsnovelle der EU dehnt nach US-amerikanischem Vorbild den Urheberrechtsschutz auch auf die neuen Medien, insbesondere auf das Internet aus. Vorgesehen sind u. a. verstärkte Maßnahmen gegen die Umgehung technischer Schutzeinrichtungen.

Skeptiker wie Fred Lohmann von der Electronic Frontier Foundation kritisieren, dass DRM "Internet-Piraterie nicht verhindern kann" und letztlich auch für den nur scheinbar geschützten Markt Barrieren aufgebaut werden. Ja, befürchtet Lohmann, digitale Standards wie DRM beschleunigen die Entwicklung zu einer elitistischen Informationsgesellschaft. Was bedeutet, dass künftig nur noch jene Zugang zu Informationen haben, die es sich leisten können.

Kontrolle=Zensur?

Der Hintergrund: Bereits seit Jahren fordern Software- und Musikindustrie wegen der Erfahrungen mit Tauschbörsen wie Napster verstärkte Maßnahmen für den Kopierschutz. Unterstützung erhält die Industrie nun von den Gesetzgebern. Die (trans)staatlichen Organe könnten dabei allerdings übers Ziel schießen: Wissensgesellschaften brauchen freien Zugang zu Informationen.

Wer kontrolliert nun, welche Informationen zugänglich sind? Bedeutet Kontrolle nicht auch die Möglichkeit zur Zensur? Noch vor wenigen Jahren wurde in der Öffentlichkeit breit diskutiert, wie sehr Staaten im Interesse ihrer Sicherheit in den freien Informationsfluss eingreifen dürfen. Des Themas offensichtlich überdrüssig, scheint "die" Öffentlichkeit resigniert zu haben. Nahezu vergessen sind Abhörsysteme wie ECHELON, die das digitale Universum nach fragwürdigen Schlüsselwörtern durchforsten.

"CODE" lautet das Thema der diesjährigen Ars Electronica. Das freie Linzer Radio FRO 105,0 nimmt in seinem Symposiumsteil insbesondere Bezug auf alternative Medien. Zudem konnten einige Gäste aus den EU-Beitrittsländern gewonnen werden.

Die TeilnehmerInnen: Juliane Alton (A, IG Freie Theater), Christiane Asschenfeldt (USA, European Coordinator Creative Commons), Eugen Babau-Iladi (CZ, Transitions Online), Konrad Becker (A, Public Netbase), Zeljko Blace (KRO, Multimedia Institute Zagreb), Cindy Cohn (USA, Legal Director Electronic Frontier Foundation), Honor Harger (NZ, radioqualia), Adam Hyde NZ, Radioqualia), Ingo Leindecker (A, Radio FRO), Erich Moechel (A, ORF online), Kernel Panic (Indymedia), Mark Terkessidis (D, Institute for Studies in Visual Culture), Thomas Thurner (A, Team Teichenberg), Alan Toner (IRL, Information Law Institute New York), Milos Vojtechovsky (CZ, Center for Contemporary Arts Prague).

Die FRO-Konferenz gliedert sich in zwei Teile:

· Panel A: Über die Auswirkungen auf die Informationsfreiheit und das Zusammenspiel von Technologie, Wirtschaft und Politik vor dem Hintergrund zunehmender Restriktionen in der Welt der Info-Sphäre.

· Panel B: Eine Auseinandersetzung mit den digitalen Standards und ihren Auswirkungen auf unabhängige Medien und Netzinitiativen. Aktuelle Strategien, Widerstände und Beschränkungen; Fragen von Privatsphäre, Copyright, Zensur.

Ausgewählte Internet-Adressen für freien Informationszugang: quintessenz.org, servus.at, indymedia.org, guerillanews.org, alternet.org, heise.de/tp, indypress.org.

Radio FRO-Konferenz "Towards a Society of Control?: im AEC: Dienstag, 9. 9., 14 bis 18 Uhr.

Cindy Cohn von der Electric Frontier Foundation Foto: FRO


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