Wien - Ein Museum ohne Haus ist - ja: ein "Museum in Progress".
Josef Ortner, der vor zwei Jahren 52-jährig überraschend an einer Gehirnblutung starb, und seine Lebenspartnerin Kathrin Messner gründeten 1989 den Kunstverein Museum in Progress. Ihr erklärtes Ziel war es, nicht in traditionellen Kunstinstitutionen wirksam zu werden, sondern in verschiedenste öffentliche und mediale Räume ein- und vorzudringen.
Heißt so viel wie: Unabhängig von politischem Einfluss und unterstützt von Sponsoren aus der Wirtschaft sollten künstlerische Präsentationen in Zeitungen, Magazinen, öffentlichen Räumen, Billboards realisiert werden. Seit 2008 wird auch der Eiserne Vorhang der Wiener Staatsoper vom Museum in Progress gestaltet.
Von Anfang an als "mediales Museum" mit dabei war der Standard und veröffentlichte Interventionen von Künstlern wie Valie Export, Ingeborg Strobl, Erwin Wurm, Peter Kogler, Gerwald Rockenschaub oder Vito Acconci. Nun bezieht das mehrfach mit internationalen Preisen ausgezeichnete Museum in Progress in unregelmäßigen Abständen wieder Sommerquartier im Standard. Auftakt ist die nebenstehende Anzeige der Künstlerin Lisa Rastl. Sechzehn Werke junger Künstlerinnen und Künstler - Zeichnungen, Performances, konzeptuelle Textarbeiten, skulpturale Projekte, Fotografien - werden in den nächsten Wochen folgen.
Gesellschaftsspiele heißt diese Kooperation von Museum in Progress, Standard und Akademie der bildenden Künste. Kurator des ordinariats- und klassenübergreifenden Projektes ist der 1972 in Wien geborene und seit zwei Jahren an der Akademie lehrende Künstler Marco Lulic, der sich selbst auf verschiedensten Ebenen mit Architektur, Denkmal und vor allem auch mit der Präsenz von Kunst in öffentlichen Räumen beschäftigt.
Mediale Gruppenschau
Lulic, der an der Universität für angewandte Kunst und an der Akademie der bildenden Künste studiert hat, thematisiert in seinen vielgestaltigen Arbeiten die Plattheit politischer Ideologien, hinterfragt - durchaus (selbst-)ironisch - den Repräsentationsbegriff der Kunst.
Und genau dazu animiert er nun auch die Kunststudierenden der Akademie. Abgesehen von der reinen Analyse von Gesellschaftsspielen; abgesehen auch von Forschungsergebnissen der letzten achtzig Jahre - Stichwort: Spieltheorie - sollten sich die Studierenden mit der "buchstäblichen" Bedeutung des Wortes auseinandersetzen.
"Das Projekt", erläutert Marko Lulic, "ist kein rein wissenschaftliches, sondern eine Art Gruppenausstellung in einem medialen Raum. Durch ebendiese räumliche Frage wird Spannung erzeugt: Die meisten Arbeiten interpretieren den Begriff Gesellschaftsspiele ganz im Sinne eines "spatial turn" als räumlichen. Die Gesellschaft als Raum der Erinnerung, der Gruppe und natürlich als medialer Raum, in dem der Widerspruch des virtuellen und physischen am evidentesten ist. (asch, DER STANDARD/Printausgabe 2./3. Juli 2011)
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