DiePresse.com | Kultur | News | Artikel DruckenArtikel drucken


Art Cologne: Schöner Sterben in Köln

16.04.2008 | 18:16 | SABINE B. VOGEL (Die Presse)

Sie ist die älteste Kunstmesse, und in ihrem 46. Jahr stellt sich die wenig angenehme Frage: Hat sich die Kölner Messe überlebt? Es dominiert solides Mittelmaß.

Im Oktober warnten einige Galerien in einem offenen Brief vor dem gänzlichen Bedeutungsverlust der „Art Cologne“. Zu wenig Sammler reisen an, zu viele Aussteller würden zugelassen, zu niedrig sei die Qualität und zu angespannt die finanzielle Lage, dies auch durch die neue „Art Cologne Palma de Mallorca“ – die als erste Konsequenz stillgelegt wurde. Als dann die „Art Fair Frankfurt“ nach nur zwei und die „dc Düsseldorf“ nach nur einer Edition abgesagt wurden, begann das Bangen: Wird die „Art Cologne“ überhaupt eröffnen?

Sie tat es, Dienstagabend. Die Publikumsmenge war seither eher übersichtlich, die Verkäufe am ersten Tag vorsichtig, die Stimmung allseits erleichtert wegen der deutlich gehobenen Qualität der Aussteller und der Reduzierung auf 150 Galerien in jetzt nur mehr drei Hallen. Mit 19 geförderten, jungen Galerien und 17 „New Talents“ liegt der Schwerpunkt klar auf neuen Positionen. Hier finden sich zwar keine großartigen Neuentdeckungen, aber offenbar wollen im Moment weder Künstler noch Sammler eine radikale, experimentelle, sich thematisch und formal neu orientierende Kunst – warum also sollten Galerien die Verunsicherung suchen?


Zentrale Forderung nicht erfüllt

Also dominiert das solide Mittelmaß, das am ehesten noch von den Präsentationen der 56 weiteren Galerien auf 3000 Quadratmetern im Bereich „Open Space“ durchbrochen wird – was sicherlich durch die Beschränkung auf je einen Künstler und die vorrangig installativen Präsentationen ohne trennende Wände unterstützt wird.

Eine der zentralen Forderungen der Galerien allerdings ist nicht erfüllt: Die Messe soll wieder internationaler werden. Aber ist Kunst nicht per se eine nationale Angelegenheit? Definieren Nationen und Wirtschaftsräume nicht gerade über bildende Kunst Zugehörigkeiten und Abgrenzungen? In Köln lässt sich das erstklassig ablesen: Die Messe ist eine westeuropäische Veranstaltung, wenige US-amerikanische, kaum osteuropäische, noch weniger nichtwestliche Galerien und Künstler sind vertreten – deutliche Ausnahme: chinesische Malerei boomt noch immer.

Die „Global EurAsia“-Sonderausstellung hilft da auch nichts, zu halbherzig werden hier bekannte Namen von Beuys, Yoko Ono, Nam June Paik bis zu Ai Weiwei und Hiroshi Sugimoto im oberflächlichen Asienbezug zusammengestoppelt. Die neuen Märkte Russland, Lateinamerika und vor allem Indien fehlen nahezu gänzlich. Lediglich die renommierte „Bodhi Art Gallery“ aus Indien, die im Mai eine Filiale in Berlin eröffnen wird, ist vertreten und gibt einen kleinen Einblick in eine der spannendsten neuen Kunstszenen, die sich bisher als deutlich hochpreisiger, aber noch rein indischer Binnenmarkt entwickelt hat.

Ab Mai steht die „Art Cologne“ unter der neuen Leitung des US-amerikanischen Galeristen und Enkels von Laszlo Moholy-Nagy, Daniel Hug. Als erste Tat hat Hug den Messebeirat ausgetauscht. Die neuen neun Galeristen kommen allerdings wieder nur aus Europa und den USA. Der jährliche Kalender verzeichnet über 280 Kunstmessen, der Galeristentross bewegt sich von Basel über Madrid und London bis Dubai, Mexiko und Shanghai. In dieser Konkurrenz wird sich die Art Cologne mit nur einem Drittel internationaler Teilnehmer, von denen dieses Jahr noch dazu allein 15 Galerien aus Spanien und zwölf aus Österreich kommen, kaum stabilisieren können.

Wird Köln im nächsten Jahr noch eine Reise wert sein, oder wird Berlin mit seiner boomenden, mehr und mehr internationalen Galerienszene zum einzigen überregionalen deutschen Messestandort? Das werden sicherlich nicht nur die Besucher- und Verkaufszahlen entscheiden können, sondern mindestens ebenso ein radikal verändertes Messekonzept.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.04.2008)


© DiePresse.com