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17.03.2004 - Kultur&Medien / Ausstellung
Kritik Ausstellung: Splitter-Show mit Absichten
"Eintritt frei": Zwölf Künstler aus Wien und dem Osten in der Bawag-Foundation. Zusammenhang will keiner aufkommen.

I
n der Bawag-Foundation, dem kultu rellen Aushängeschild einer der großen Banken Österreichs, finden viermal im Jahr Ausstellungen statt, deren Profil sich so umschreiben lässt: kleine, sorgfältig recherchierte One-Man-&-Woman-Shows, nicht im Dienste des Geldgebers.

Da fällt nun die Gruppenausstellung "Eintritt frei. Bratislava, Budapest, Ljubljana, Prag und Wien" ziemlich aus dem Rahmen. Zwar sollen nicht die genannten Städte vorgestellt werden, sondern deren Kunstszenen. Dass auf der Einladung, die ein Foto der Skyline bei der Wiener UNO-City ziert, das Bawag-Logo vom Himmel strahlt, ist hingegen ein Wink mit dem Zaunpfahl.

Denn der Hintergrund der Veranstaltung ist, dass die Bawag im Hinblick auf die bevorstehende EU-Erweiterung um zehn Mitglieder, wie alle anderen internationalen Großbanken auch, in Osteuropa Beteiligungen gegründet hat oder gründen will. Konkret in den genannten Städten. So gesehen steht die Ausstellung mit dem freundlichen Obertitel im Dienst der Bankgeschäfte. Mit der Einschränkung, dass sie als Informationsveranstaltung leider wenig taugt.

Zwölf Künstler hat Foundation-Leiterin Christine Kintisch ausgesucht. Diese Zahl ist zu gering, um etwa eine Atmosphäre zu beschreiben. Wohl im Wissen um die Problematik hat Kintisch den Ausweg in der Streuung gesucht. Das ergibt etliche Beteiligungen aus der Slowakei, Prag, Wien, eine Laibacher Position, ein Projekt aus Ungarn, die nicht sehr viel miteinander zu tun haben.

Da hängen etwa gleich am Anfang fünf situationistisch inspirierte Gemälde aus Holz, Latex, Folien und "Nicht-Farben" von Julius Koller, einem jener Referenzkünstler, die lange im Verborgenen arbeiteten und für die Neuschreibung der Kunstgeschichte Osteuropas eine Schlüsselrolle spielen. Im Jahr nach dem Prager Frühling hat Koller Obstkisten, auf denen der Schriftzug "CSSR" aufgedruckt ist, mit Fragezeichen überpinselt, sie blieben bis heute sein persönliches Logo. Ungefähr zeitgleich hat in Laibach die Künstler-Gruppe OHO - sie war 1966 -1971 gemeinsam aktiv - ihre Konzepte auf Landschaft, Alltag und Umgebung übertragen und auf das Kunstgeschehen des Westens reagiert. In der Ausstellung finden sich Fotodokumente und eine Sammlung poppig bekritzelter Streichholzschachteln.

Viel stiller ließ Jiri Kovanda in den Siebzigern in Prag seine Aktionen stattfinden: Unbemerkt von der Umgebung wird das Warten auf einen Anruf, die Fahrt auf der Rolltreppe, das Ausgießen von Wasser, das Einsammeln von Kehricht zur Kunst-Aktion. Ähnlich: Valie Export mit ihren Körperkonfigurationen, mit dem Unterschied, dass sie in ihrer Kunst die Geschlechter-Problematik - recht deutlich in einem radikalen Masturbationsvideo - thematisiert.

Unter den Arbeiten neuen Datums fällt vor allem Tamas St. Aubys "Tragbares intelligenzerweiterndes Museum" ins Auge, das anhand von Dias, Videos, Texten 1200 verfemte Positionen der ungarischen Kunst seit 1956 versammelt. Die Einladung von Marko Lulic - der Wiener Sohn serbokroatischer Zuwanderer lässt mit einem schnieken "Club"-Logo die angestaubte Ästhetik des Kommunismus aufflackern - ist vielleicht als Versuch gedacht, das Korsett der Standortgebundenheit zu unterwandern. Als Kitt dieser Splitter-Show könnte der Katalog dienen: Er erscheint diesmal als Extra-Nummer der Kundenzeitung der P.S.K. Gruppe.

Bis 19. 6. bawag-foundation.at

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