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derStandard.at | derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
29. September 2008
17:38 MESZ

Zur Person
Eckhard Schneider leitete das Kunsthaus Bregenz (KUB) seit 2000. Sein aktueller Vertrag wäre erst 2010 ausgelaufen, nun wechselt der 65-jährige Brandenburger nach Kiew. Das Land Vorarlberg akzeptiert die frühzeitige Vertragsauflösung mit Bedauern. Schneider, der vom Kunstverein Hannover nach Bregenz kam, hat die Aufbauarbeit von Edelbert Köb fortgesetzt und das KUB zu einer international anerkannten Institution gemacht. Ab 1. Oktober wird er für den ukrainischen Oligarchen Viktor Pinchuk tätig sein.

 

Eckhard Schneider


Kiews Hunger nach Kultur
Eckhard Schneider leitet nur mehr wenige Tage das Kunsthaus Bregenz. Ab 1. Oktober wird er in Kiew die Kunstfoundation von Viktor Pinchuk betreuen - Interview

Bregenz - Mit einem geschätzten Vermögen von fünf Milliarden Dollar gehört Viktor Pinchuk (Jg. 1960) zu den 200 reichsten Menschen weltweit, in der Ukraine belegt er Platz zwei: Der Schwiegersohn von Ex-Präsident Leonid Kutschma ist Eigentümer von vier TV-Sendern, der größten Tageszeitung des Landes und des Pinchuk Art Centre, des einzigen Museums moderner Kunst in der Ukraine. Bei seinem Ziel, auf Augenhöhe etwa mit dem Museum of Modern Art in New York und dem Pariser Centre Georges Pompidou zu agieren, soll ihn nun Eckhard Schneider unterstützen. Schneider kann mit einem wohlgefüllten Portefeuille rechnen: Erst unlängst ersteigerte Pinchuk für 120 Millionen Dollar zwei Werke von Lucian Freud und Fancis Bacon.

Standard: Herr Direktor, am Wochenende spielen Kraftwerk im Pinchuk Art Centre, Ihrer neuen Wirkungsstätte. Ein Ständchen zum Einstand?

Eckhard Schneider: (lacht) Nein, das ist Zufall. Das Konzert findet anlässlich der Eröffnung einer Präsentation der Videosammlung Julia Stoschek mit Fotoarbeiten von Andreas Gursky statt. Das ist schon länger geplant, ohne mein Zutun.

Standard: Betrachtet man die Sammlung Viktor Pinchuks und die bisherige Ausstellungsgeschichte im Pinchuk Art Centre, stößt man auf Namen, die man auch mit Bregenz in Verbindung bringt: Mariko Mori, Carsten Höller, Olafur Eliasson. Gibt es schon länger eine Zusammenarbeit mit Ihnen?

Schneider: Nein. Aber Sie sehen, dass es eine gewisse Affinität zwischen meinem künftigen Arbeitgeber und mir gibt, was die Kunst angeht.

Standard: Das Team der Foundation ist international zusammengesetzt, mit einem künstlerischen Leiter aus den USA, Kuratoren aus Frankreich und der Ukraine. Was wird Ihre Position sein?

Schneider: Ich denke nicht in Einzelheiten, nicht von der "Funktion" her. In meiner bisherigen Laufbahn, in Hannover oder Bregenz, habe ich mich nie als "Direktor" oder "Kurator" verstanden, sondern immer als Ausstellungsmacher, der die Freiheit der Kunst mit allen Konsequenzen forciert. Auch in Kiew werde ich Gesamtverantwortung tragen.

Standard: Die Sammlung aufbauen, Ausstellungen realisieren?

Schneider: All das. Und die strategische Entwicklung des Hauses vorantreiben. Es hat bereits jetzt, nach nur eineinhalb Jahren Bestehen, eine gute Präsenz. Die Menschen dort, die hungern danach, Kultur für sich zu entdecken. Neben den ökonomischen Zwängen und den politischen Verhältnissen ist Kunst dort ein immenses Thema.

Standard: Macht das den besonderen Reiz des neuen Ortes aus?

Schneider: Ich kann überall arbeiten, wo es einen ernsthaften Dialog zwischen Kunst und Gesellschaft gibt, wo es nicht um Events geht. Aber es ist einfach ein Unterschied: Hier im Westen wissen immer alle, wo's langgeht. All die Schlaumeier: Die Kunst funktioniert so, der Markt so, die Presse so. Der Diskurs spielt sich oft auf der Meta-Ebene ab und widmet sich nicht den Kernfragen. Ich stehe für eine Haltung, die Kunst in den Mittelpunkt stellt und der Gesellschaft Partizipation und Emanzipation erlaubt.

Standard: Danke für das Gespräch und einen guten Einstand!

(Petra Nachbaur, DER STANDARD/Printausgabe, 30.09.2008)

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