(10.03.2004)

Otto Muehl - Gegenerzählungen

Otto Muehl
o.T., 1962
Zeichnung auf weiß grundiertem Papier
45 x 38 cm
Courtesy CharimGalerie, Wien

Otto Muehl
Mama und Papa Aktion 1964
(Filmstill Kurt Kren)
Courtesy Galerie Hummel, Wien

Leibesvisitation bei der Eröffnung. Neue Anschuldigungen durch ehemalige KommunardInnen. Seniles Gestammel und offensichtliche Aussetzer im Interview.

Es gibt wenig, das in Zusammenhang mit Otto Muehl noch überraschen kann. Schon gar nicht, würde man bei einem Rundgang durch die Ausstellung im MAK meinen, seine Kunst.

Diese Annahme erweist sich als falsch, wenn man die Galerie Julius Hummel betritt: wie fremdartige Wesen hängen da zwischen den bekannten Film Stills von Kurt Kren, den pop art-epigonalen Interieurs und den Aktionsfotos plötzlich (fast) monochrome Bilder von 1988: silberne, goldene, schwarze Farbe zieht sich in Schlieren über die Leinwand. Die Hängung, die sich nicht viel um Jahreszahlen schert, rückt die Bedeutung des Materials in den Arbeiten Muehls in den Vordergrund.

Im Gegensatz dazu folgt man in der Charim Galerie einer Chronologie, konzentriert sich aber auf die 80er-Jahre: Post-informelle Aquarelle und Malereien, eine post-popartige Caravaggio-Interpretation und immer wieder Van Gogh und Cézanne. Muehl ist hier der Aneigner, der in der Malerei selbst nichts wesentliches hervorgebracht hat, sondern je nach Lust und Laune im Fundus der Kunstgeschichte wühlt. Sogar die für Muehl-Verhältnisse feinen und sensiblen Zeichnungen von 1962 erinnern entfernt an Artaud.

Zum Großteil jüngere Arbeiten auf Papier präsentiert neben Aktionsfotografien aus der Edition F. Conz die Galerie Krinzinger. Sich auf Sofas verrenkende oder auf Stühlen knieende Akte und Tiere die sich ineinander verbeissen, zeigen den Kommunepatriarchen, wie wir ihn kennen: dem Abgründigen huldigend, obsessiv, lüstern.

Otto Muehl hat es im Laufe seines Lebens geschafft, alle möglichen Künstlermythen zu bedienen: Muehl als intellektueller Revolutionär, Muehl als gesellschaftlich geächtetes Opferlamm, Muehl als dionysisch Wütender, Muehl als messianischer Erzieher und so fort. Folgt die MAK-Schau all diesen Erzählungen, so laufen diese in den Galerien teilweise konträr. Auch das vielleicht eine Überraschung.

Galerie Charim
Dorotheergasse 12, 1010 Wien
Bis 3.4.2004
http://www.charimgalerie.at/

Galerie Julius Hummel
Bäckerstraße 14, 1010 Wien
Bis 30.4.2004

Galerie Krinzinger
Seilerstätte 16, 1010 Wien
Bis 8.4.2004
http://www.artmagazine.cc/www.galerie-krinzinger.at

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Nina Schedlmayer

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