Willkommen im Kunstsupermarkt

Im Dienste der Kunst dürfen Sie jetzt ungehemmt dem Kaufrausch nachgeben.


Kaufen ist des Bürgers erste Pflicht. Woher sollte auch sonst das Geld für Spitäler, Pensionen und Free-TV-Programme kommen. Aus dem ethnografischen Vergleich der Einkaufsgewohnheiten am New Yorker Broadway und in der Wiener Mariahilfer Straße haben die Künstlerin Dorit Margreiter und die Autorinnen der Studie, Annette Baldauf und Katharina Weingartner, die Ausstellung "shopping" entwickelt.

Das Museum als Shop

Freizeit findet heute an Orten statt, die als versteckte Märkte fungieren. Die Generali Foundation dreht daher den Spieß um und macht seine Räume zum Supermarkt.

Im "Cineplex" laufen einschlägige Filme und Videos. "Self-Service", ein Projekt von Alan Bruton, bietet die Möglichkeit zur selbstständigen Intervention und rekonstruiert die Bestandteile von Branding. Und in der Sektion "Browsing Art" wird den BesucherInnen in Form einer Collage aus ca. 80 Werken von 60 KünstlerInnen verschiedenster Generationen und Länder exemplarisch die Auseinandersetzung mit Konsumkultur in der künstlerischen Praxis verdeutlicht. Der Billa-Sack von Elke Krystufek ist da etwa zu sehen, in den sie die Namen ihrer Liebhaber gepackt hat, oder Arbeiten von Martin Kippenberger.

Die Ausstellung hören

Während die Generali Foundation von Dorit Margreiter als Produktionsraum entworfen wurde, ist der eigentliche Ausstellungsort die Stadt selbst. Annette Baldauf und Katharina Weingartner, als Journalistinnen mit Pop-Kultur wohl vertraut, haben eine Audio-Shopping-Tour konzipiert, die man per CD und Walkman machen kann. "Es war uns wichtig, die Ausstellung auf die Straße zu verlegen", betont Katharina Weingartner. Sie unterstreicht aber, dass die Texte der Tour für jede beliebige westliche Großstadt passen würden.

Auf der CD - die übrigens gemeinsam mit Österreich 1 produziert wurde - finden sich nun verschiedene Vergleiche zwischen lokaler und globaler Kultur. Zum Beispiel der Hinweis auf das McCafé der McDonald's-Filiale auf der Mariahilfer Straße. Pikanterweise ist die Burger-Braterei tatsächlich in den Räumen des ehemaligen Café Stiller untergebracht.

Konsum und Identität

"Labels sind wichtig, weil sie dem, was du trägst, einen Namen geben. Wenn du etwas trägst, das kein Label hat, dann gibt es keine Möglichkeit, dich zu erkennen." So äußerte sich eine von Baldauf/ Weingartner für ihre Studie befragte Interviewpartnerin, Alter 18.

Shopping als Versuch, Individualität zu erwerben, nach den Identitätsverlusten im zunehmend fragmentierten Erwerbsbereich und der Auflösung traditioneller Kategorien wie Familie, Nation, Partei und Religion, ist eines der in der Schau angesprochenen Themen.

Die Subjekte der Studie - junge Menschen bis 25 - sind auch die vornehmlich durch die Schau angesprochene Besucherzielgruppe. Während ältere Semester sich vielleicht erst theoretisch die lustvollen Erfahrungen des "Shopper-Edutainments" aneignen müssen und nicht ganz so selbstverständlich sich der medialen und interaktiven Angebote bedienen.

Link: Generali Foundation

Tipp:

"shopping" steht auch im Zentrum der kommenden ORF-Kunst-Stücke. Das Künstlerduo Muntean & Rosenblum inszeniert exklusiv für die Kunst-Stücke ein interaktives Happening in einer Mega-Mall vor den Toren Wiens. Filmemacher Haroun Farocki und Marketing-Guru Christian Mikunda gehen der Frage nach, wie sehr Erlebnis-Shopping unsere Alltagskultur prägt. Das Künstlerduo DEEGO dekonstruiert in einem eigens für die Kunst-Stücke produzierten Kurzfilm die Wünsche der Werbung. Den Abschluss des Themenabends bildet das Spielfilmdebüt von Paul Anderson, "Shopping". ORF Kunst-Stücke, Donnerstag, 25. 1. 2001, 23.35 Uhr, ORF 2

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