Vom Rotieren im Raum
Geschwindigkeit. In der Ausstellung „Catch Me!“ im Grazer Kunsthaus dreht sich alles um Bewegung und Beschleunigung.
MARTIN BEHR GRAZ (SN). Violette Riesenkugeln schweben im Inneren der blauen Blase: Langsam verändern sie ihren Ort, werden durch die Luft und auch von drei Motoren bewegt. „Mobile“ nennt der französischen Künstler Xavier Veilhan seine Installation im Grazer Kunsthaus, die ein Beispiel für minimale Geschwindigkeit und Ordnung im scheinbaren Chaos ist. Denn: Das scheinbar willkürliche Rotieren funktioniert nach einem genauen Plan.
In ihrer Gruppenausstellung „Catch Me!“ zeigt Kuratorin Katrin Bucher Trantow zahlreiche Arbeiten, die sich mit dem Thema Geschwindigkeit befassen. Faszination der Bewegung: Was mit den Futuristen und ihrer radikalen Technik-Verherrlichung begann, ist mittlerweile in der Kunst in unterschiedlichste Facetten ausgefranst. Die Lust auf Geschwindigkeit steht neben der Kritik am uneingeschränkten Fortschrittsglauben, der Thrill der Beschleunigung kontrastiert mit dem Bekenntnis zur Entschleunigung.Der Lauf der Dinge Am Beginn der Grazer Ausstellung, die den Untertitel „Geschwindigkeit fassen“ trägt, steht mit dem Video „Der Lauf der Dinge“ von Peter Fischli und David Weiss ein Klassiker der jüngeren Kunstgeschichte: Gefilmte Dominoeffekte mit rollenden Reifen, umkippenden Sesseln und vielen anderen Miniaktionen mehr, gleichermaßen witzig, ausgeklügelt und absurd. Roman Signer, der mit altbekannten Videos (z. B. „Wettlauf mit Rakete“) präsent ist, hat für das Kunsthaus die Installation „Room with Christmas Tree“ geschaffen. Der sich ständig drehende, Glitzerkugeln von sich schleudernde Weihnachtsbaum ist einer der Höhepunkte der Schau: schöne Bescherung!
In dem hochrangigen Feld legen zwei junge Steirer Talentproben ab: Daniel Hafner lädt via Karussellfahrt im Klangraum zur Selbsterfahrung, Christian Eisenberger spielt in seinen Videos mit der Gravitation, lässt rinnende Acrylfarbe für sich (und seine Bilder) arbeiten und irritiert mit eigentümlichen Messgeräten. Kontemplativ statt schrill ist der Zugang der Chinesin Lu Quing zur Geschwindigkeit. Sie malt täglich ein kleines Quadrat auf Seide, der so aus Tinte gefertigte Fleckerlteppich ist ein poetisches Objekt, das an die Vergänglichkeit gemahnt. US-Superstar Ed Ruscha ist mit einer ironisch zu verstehenden Wortmalerei („High-Speed Gardening“) vertreten, der Albaner Anri Sala erzählt im Video „Time After Time“ mit einer Tiermetapher die Geschichte von Einsamkeit und Gewalt in unserer Gesellschaft. Spektakulär unspektakulär ist die Collage-Serie „Aim for the Stars“ der gebürtigen Polin Aleksandra Mir. Sie kombiniert traditionelle Heiligendarstellungen mit Motiven der modernen Raumfahrt. Hier der Glaube, da die Technik: Es gibt eben viele Wege zur Himmelfahrt. (Bis 25. 4.)