Salzburger Nachrichten am 4. November 2005 - Bereich: Kultur
Lauter gute, alte Bekannte

Wie Künstler sich mit dem Thema "Superstars" befassen, zeigen in Wien die Kunsthalle und das BA-CA Kunstforum in einer Doppelausstellung.

LASZLO MOLNARWIEN (SN). Sie wollten schon immer wissen, wie SN-Autor Martin Behr aussieht? In der Ausstellung "Superstars - Das Prinzip Prominenz", die in Wien gemeinsam von der Kunsthalle und dem BA-CA Kunstforum gezeigt wird, können sie es erfahren. Behr mimt auf einer Fotografie seiner Grazer Künstlergruppe G.R.A.M. Josef Beuys als Cowboy-Typ in seiner berühmten Fotoarbeit "La rivoluzione siamo noi". Behr liefert mit seinem Auftritt den Beweis, dass Beuys prominent ist - wäre er es nicht, würde er nicht nachgemacht werden.

Darum dreht sich auch das museumsübergreifende Wiener Ausstellungsprojekt. Um Menschen - aber auch Produkte und Marken - die einen so hohen Bekanntheitsgrad haben, dass sie Künstlern die Beschäftigung damit wert waren. Es müssen nicht allein die Filmstars oder Musikgötter sein. Sie liefern zwar das Hauptangebot - an Marilyn Monroe oder Elvis Presley kam man nicht vorbei, auch nicht an Madonna oder Michael Jackson -, aber in Sachen allgemeiner Bekanntheit können ein Picasso oder Warhol locker mithalten. Also befassen sich Künstler auch mit ihnen, und der Künstler wird zum Objekt. Das BA-CA Kunstforum zeigt Picasso-Fotografien von Robert Doisneau.

Der Besucher der Ausstellung erhält das gute Gefühl, dass die Beschäftigung mit dem massenhaft Bekannten eine so niedere Sache doch nicht sein kann. Andy Warhol, dessen Arbeiten mehrfach zu sehen sind, hat den Voyeurismus mit seinen "Multiples" längst geadelt. Wer noch mehr Bestätigung braucht, der möge eine Weile vor der Aufnahme eines Prada-Schuhregals des hochdekorierten deutschen Fotografen Andreas Gursky im Tresorraum des Kunstforums verbringen. Im gleichen Raum stehen die silberverchromten Schuhobjekte der Schweizerin Sylvie Fleury. Sie "huldigt" damit der Markengläubigkeit der Konsumenten: Ein Schuh ist des Kunstwerks wert, wenn "Prada" oder "Gucci" darin steht. Die Marke ist ein "Superstar"; wegen der grenzenlosen Bekanntheit ist es dann egal, was damit geschieht.

"Kunst" entsteht, weil der Gegenstand bekannt ist Warhol siebdruckte Marilyn im Dutzend; Paparazzi-Fotos wie die hier gezeigten von Ron Galella werden zur "Kunst", allein, weil es dem "Künstler" gelungen ist, das "Star"-Bild auf den Film zu bekommen. Eine Übermal-Aktion von Marc Bijl auf dem Alexanderplatz in Berlin ist deshalb interessant, weil "Nike"-Logos ausgelöscht und durch "Adidas"-Symbole ersetzt wurden.

In der Aura des aufgeplusterten Glamours ist natürlich viel Platz für Ironie und fürs Aufspießen. Sylvie Fleury macht sich in der Kunsthalle lustig über das Ritual von siegreichen Rennfahrern, auf dem Treppchen mit Champagner herumzuspritzen: Sie lässt das von Models machen, die die Magnumflaschen wie Phalli in der Gegend herumschwenken. Von Cindy Sherman stammt eine sinnespralle Nachstellung einer Madonnenszene und das Tor steht tweit offen zum Kitsch bei den Arbeiten zu Michael Jackson.

Bei aller Abwechslung und Üppigkeit der Auswahl: Was die Ausstellung sagen will - außer, dass Künstler sich nicht genieren, sich mit dem Trivialen, weil Massenbekannten, zu beschäftigen - wird auch nach längerer Betrachtung nicht klar. Eher keimt schon der Verdacht, dass hier ein massenwirksames Thema aufgeboten wurde, um Massen herbeizulocken. Sie tun gut daran, zu kommen: Letztendlich gibt es in der Doppelausstellung jede Menge hervorragender Arbeiten der Pop-Art zu sehen.In beiden Häusern bis 22. Februar 2006, tägl. 10 bis 19, Fr. bis 21 Uhr. Katalog 29 Euro. www.kunsthallewien.at und www.ba-ca-kunstforum.at.