Salzburger Nachrichten am 14. Juni 2005 - Bereich: kultur
Mangas: Comic-Kult und Wachstumsmarkt In Deutschland blüht das
Geschäft mit japanischen Mangas - Verlage machen jährlich 50 Millionen
Euro Umsatz
YURIKO WAHLKÖLN (SN, dpa). In Deutschland grassiert das Manga-Fieber.
Kinder und Jugendliche verschlingen die Comics aus Japan, bundesweit
sprießen Fanklubs aus dem Boden, Manga-Börsen und -Homepages locken. Für
die Verlage ist die Manga-Manie ein riesiges Geschäft. "Wir haben es hier
mit einer absoluten Wachstumsbranche zu tun", sagt die Japanologin Ruth
Jäschke. "Es sind nicht nur die fantasievollen Figuren und die schlüssigen
Geschichten, die faszinieren", erklärt die Manga-Expertin. "Mangas haben
auch immer etwas mit Lebensbewältigung zu tun, sie bieten Themen, die die
Jugendlichen wirklich interessieren - erste Liebe, erster Sex,
Schulprobleme." Der junge Leser begebe sich zwar in die totale Fiktion,
aber: "Jeder kann etwas erreichen in den japanischen Mangas, wenn er
durchhält. Es spielt auch Identifikation eine große Rolle." Die meisten Hefte sind in Schwarz-Weiß gehalten und sind Übersetzungen
des japanischen Originals. Sie werden in japanischer Lesefolge von hinten
nach vorn und rechts nach links gelesen. Manga-Fan Kai aus Köln erklärt
seine Leidenschaft: "Die Zeichnungen haben eine brillante Qualität, und
die Geschichten sind viel actionreicher als andere Comics", erklärt der
18-Jährige. Während in Japan alle Alters- und Gesellschaftsgruppen Mangas lesen -
die Palette reicht dort von jugendfreien Comic-Abenteuern bis zu
expliziten Darstellungen von Sex und Gewalt - seien es in Deutschland vor
allem die acht- bis 25- Jährigen, sagt Friederike Strüber vom Carlsen
Verlag. Der Hamburger Verlag teilt sich bei den Mangas die
Marktführerschaft mit dem Egmont Verlag, gefolgt von Tokyopop und Panini
Comics. "Unsere Titel sind so angelegt, dass wir die verschiedenen Zielgruppen
innerhalb dieser Altersgruppe erreichen, mit Schulthemen oder erster Liebe
für die weiblichen Leser oder Science-Fiction für die Jungen." "Die Faszination hat auch etwas mit Abgrenzung zu tun, also etwas zu
lesen, das die Eltern nicht kennen und verstehen", erklärt Strüber. Das
Ende des Booms sei noch lange nicht in Sicht. In der Verlagswelt wollen
immer mehr Anbieter ein Stück vom dicken Kuchen abhaben. Auch bei den
Buchmessen wird Manga groß geschrieben, zuletzt im März in Leipzig mit 70
Verlagen. "In Deutschland wird mit Mangas inzwischen ein Umsatz von 50 Millionen
Euro jährlich gemacht", schätzt Strüber. "Bei den Mangas sind unsere
Umsatzzahlen in den vergangenen Jahren exponentiell gewachsen". Zum
Carlsen-Gesamtumsatz von 27,1 Millionen Euro steuerten Comics 2004 50
Prozent bei, von denen wieder 70 Prozent aus den Manga-Verkäufen
kamen. In Österreich wird 2005 als "Japan-EU-Jahr der Begegnung" gefeiert. Im
Wiener Museum für Angewandte Kunst ist in diesem Rahmen ab 30. August die
Schau "UAAAAA!!! Manga. Zur Ästhetik einer Trashkultur" zu sehen. |