Jüdisches Museum zeigt "Die Galerie Miethke. Eine Kunsthandlung im
Zentrum der Wiener Moderne"
Geschichtskorrektur zur Kunst der Moderne
Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer
Die Ausstellung "Die Galerie Miethke. Eine Kunsthandlung im
Zentrum der Wiener Moderne", die auch das 10-Jahre-Jubiläum des Jüdischen
Museums Wien im Palais Eskeles bis 8. Februar feiert, setzt sich mit
geringen materiellen Mitteln, aber umso mehr geistigem Besitz auseinander.
Gleichzeitig ist mit dem Projekt von Kurator Tobias G. Natter auch die
Geschichte des Hauses selbst beleuchtet worden und dabei stellt sich
heraus, dass am Beginn des 20. Jahrhunderts nicht nur Klimt, Schiele und
die Wiener Werkstätte hier exklusiv vertreten wurden, sondern auch alles,
was Rang und Namen hatte in der französischen klassischen Moderne, von der
Station Galerie Miethke in der Dorotheergasse ihren Ausgang in die Welt
antrat. Hugo Hermann Werner Ottomar Miethke hatte 1861 mit einer Buch-
und Antiquariatsfirma begonnen, stieg zum bekanntesten Kunsthändler der
"Ringstraßenzeit" auf, verkaufte Nachlässe wie jenen von Makart und
handelte mit alten Meistern wie Dürer, Altdorfer, Guardi, Tizian, van Dyck
oder Goya (dem er eine erste Ausstellung in Wien widmete). Im Palais
Eskeles zeigte er im ersten Stock die alte und unten die zeitgenössische
Kunst; nach 40-jähriger Tätigkeit trat er die Galerie an den Juwelier und
Klimt-Freund Paul Bacher ab, der Carl Moll zum neuen künstlerischen Leiter
bestellte. Damit wurde das Haus zur führenden Avantgarde-Galerie
Mitteleuropas, denn neben Schieles Erstpräsentation, den Exklusivrechten
an Klimt-Gemälden und ersten Ausstellungen über Fotografie, nahmen
vorübergehend die Werke von Manet, Monet, Cézanne, van Gogh, Gauguin,
Toulouse-Lautrec, aber auch Picasso über diese Räume Einzug in Wien,
sofern man von den wenigen Präsentationen in der Secession absieht; die
Werke der Wiener Werkstätte (die derzeit im MAK präsentiert werden) wurden
in der Zweigstelle am Graben verkauft. 1912 hatte der mitarbeitende
Kunsthistoriker Hugo Haberfeld die Leitung übernommen und auf ihn geht u.
a. die Einzelausstellung von Picasso zurück, die natürlich wenig positives
Echo fand und wie viele wichtige Aktivitäten der Galerie danach vergessen
wurde. Haberfeld arbeitete davor 1902 auch in der Redaktion der "Wiener
Zeitung", die sich einmal mehr, nach den Recherchen von Tobias Natter, als
einzige der Moderne gegenüber aufgeschlossen zeigte. 1938 musste Haberfeld
emigrieren, seine Spuren verlieren sich in Paris, 1940 wurde die Galerie
aufgelöst und das Archiv verschwand. Obwohl die ehemalige Moderne
Galerie, heute integriert in die Sammlungen der Österreichischen Galerie
im Oberen Belvedere, 80 Bilder aus der Sammlung Miethke besitzt, sind nur
wenige Werke beispielgebend zu sehen - aber auch die beiden Guardis des
KHM; die spärlich erhaltenen Kataloge, Fotos und Grafiken sowie Plakate,
Signets und Briefe ergänzen. Wesentlich in dieser gelungenen Gestaltung
des Grafikbüros Krieger/Sztatecsny ist eine Diashow mit all den
großartigen Gemälden vom einzigen Dürer des Louvre über Manets
"Erschießung von Kaiser Maximilian" oder seine "Le Bar aux
Folies-Bergère", die "Vase mit Sonnenblumen" van Goghs, "Te tamari no
atua" (Die Geburt Christi) von Gauguin bis zu Picassos frühen kubistischen
Köpfen. Es hinterlässt dies und der wissenschaftlich genaue Katalog mit
seinen spannenden Berichten ein Gefühl der Fassungslosigkeit: 800 Bilder
sind im Register zu finden, die heute die Spitzenstücke internationaler
Museen darstellen und alle durch dieses Haus und die Hände von Miethke,
Bacher, Moll oder Haberfeld gingen. Dass Kunsthändler eine Stadt zum
Kunstzentrum der Welt machen, ist immer für Kahnweiler und Paris in
Anspruch genommen worden - hier existierte eine noch unbekannte Parallele.
Eine notwendige Auferstehung lange verdrängter Vergangenheit. Dazu ist dem
Museum und allen Beteiligten - voran Kurator Tobias Natter - zu
gratulieren.
Erschienen am: 28.01.2004 |
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