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Quer durch Galerien: Galerie Hilger, Galerie Contact

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Maoistische Wetterkapriolen

Von Claudia Aigner

Debattieren Sie mit!Ein trautes kapitalistisches Heim im Amerika des Jahres 1974. Das Wetter draußen ist freilich sehr "kulturrevolutionär". (Vor den Fenstern ziehen Horden von heroischen Maoisten vorbei.) Da ist zweifellos jenes Stadium erreicht, wo kommunismusempfindliche Personen nicht mehr vor die Tür gehen sollten. Richard Nixon hätte da wohl mindestens die "Kommunismus-Vorwarnstufe" ausrufen müssen: "Lassen Sie die Fenster geschlossen, bis der Weltkommunismus vorübergezogen ist!"
Erró (eigentlich Gudmundur Gudmundsson, aber das könnten sich sowieso nur die Isländer merken) hat ein Faible für den Kulturschock. Und wenn er mit der Schere Zeitschriften und Propagandabroschüren ausweidet, erweist er sich immer wieder als begnadeter Provokateur und Desillusionierer. In seinen bunten, sinnlichen, witzigen Collagen, die man schon barocke Ausschweifungen nennen muss, "hetzt" er Klischees aller Art aufeinander: den "sozialistischen Realismus" der Kommunisten und den "kapitalistischen Realismus" der "Konsumisten" (also: Werbung) und Zitate aus der Kunstgeschichte. Oder einen Superman-Comic und Shakespeare (Shakespeare in Metropolis ist ja wie Lawrence Olivier auf der Löwinger-Bühne). Und würde man alles, was von Erró bis 22. September in der Galerie Hilger (Dorotheergasse 5) zu sehen ist, auf den Plafond kleben, hätte man so etwas wie die Antwort der Pop-Art (oder des "Pop-Barock") auf die Sixtinische Kapelle.
Man könnte meinen, die Raumfahrt wäre eine Luftraumverletzung und Astronauten wären Hausfriedensbrecher: Bei Erró ist der Himmel der NASA (der Himmel über einer startbereiten Rakete) anachronistischer Weise eine griechische Götter-WG, sogar mit einem dieser beliebten flugtauglichen Babys. Vielleicht eine Trotzreaktion. (Und der Babyspeck fliegt doch.) Und wo ist der Zusammenhang zwischen Mozart und einer Zahnarztpraxis? Ein modischer Opernregisseur, der es darauf angelegt hätte, uns nahe zu bringen, dass eine Mozart-Oper auch heute noch akut ist, würde sicher einen finden. Er könnte ja den Bohrer einschalten, wenn die höchsten Töne der Rachearie aus der "Zauberflöte" dran sind. Vielleicht singt die Königin der Nacht beim Zahnarzt ihre Koloraturen ja ganz instinktiv. Kurz: Dass Erró Mozart vor den Furcht (und Koloraturen) einflößenden Zahnarztstuhl geklebt hat, kann bloße Willkür sein, also ein Rätsel, für das es als Lösung nur die Amok laufende Fantasie gibt.
Bis 6. Oktober in der Galerie Contact (Singerstraße 17): Walter Eckert (heuer verstorben). Seine zeichenhaften Menschen und Köpfe machen einen sehr archaischen Eindruck, was nicht heißt, dass sie nicht voll aufgeklärt wären über die gestische Malerei. Anders gesprochen: Wäre den prähistorischen Höhlenmalern das Handgelenk lockerer gesessen (aber nicht ganz so locker wie bei Jackson Pollock), hätten sie womöglich im Eckert-Stil gemalt. Vieles möchte man "Ikonen vom Menschen (oder Kopf) an sich" nennen. Und bei aller (verhaltenen) Dynamik geht die Komposition niemals unter. Vielleicht das beste Bild: "Guru". Ein ernstes Schattenwesen, vorgetragen mit dem genau richtigen koloristischen Understatement.

Erschienen am: 07.09.2001

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