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Galerien in Wien: Feuer aus dem Plattenspieler

18.02.2009 | 18:15 | NICOLE SCHEYERER (Die Presse)

„Feedbackstage“ in der Galerie Georg Kargl: Arbeiten mit und über Musik.

In mancher Künstlerbrust schlagen zwei Herzen: eines für die bildende Kunst, eines für die Musik. Andere wandeln auf den Spuren von John Cage, der die Stille hörbar machte. Die ambitionierte Schau „Feedbackstage“, konzipiert von Fiona Liewehr aus der Galerie Georg Kargl, versammelt Künstler mehrerer Generationen. Ein blinder Fleck schmerzt allerdings: Die Schau ist fast nur männlich besetzt – als wäre Musik eine rein maskuline Obsession.

Eine winzige Skulptur von Peter Weibel bringt das Feuer entfachende Moment der Musik auf den Punkt: „Erfindung des Zündschalls“ (1966) besteht aus einem abgebrannten Streichholz auf einer Zündholzschachtel, die wie ein Plattenspieler en miniature aussieht. Ein Funken sprang über, als Jimi Hendrix die US-Nationalhymne in Woodstock so verzerrt spielte, dass sie wie Fliegerangriffe und Maschinengewehrsalven klang. Mit einem Wah-Wah-Pedal ermöglichen Janet Cardiff und George Bures Miller es dem Besucher, sie noch weiter zu verfremden. Auch der New Yorker Cory Arcangel befasst sich mit Hendrix' „Star Spangled Banner“: Mittels Apple-Programm nimmt er dem Stück die klanglichen Spitzen.

 

Zerbrochene Platten

Der Grazer Michael Gumhold füllt einen Raum mit einer Zuschauertribüne, umrahmt von Tuschezeichnungen und zwei Musikkassetten. Der junge Wiener Albert Mayr hat vor schwarzen Wänden eine Bühne errichtet, auf der sein selbst aus Computer- und Elektronikteilen gebasteltes Instrument steht. Videos zeigen ihn als exzessiven Rockmusiker – wohl mehr Persiflage als echte Hingabe.

So cool wie der Elektronik-DJ an seinem Mischpult präsentieren sich die Folienbilder von Gerwald Rockenschaub aus den Neunzigerjahren. Vor der Galerie kündigt die Lichtbox, die er einst für das Plattengeschäft Black Market entworfen hat, den Musikschwerpunkt der Ausstellung an. Vom US-Experimentalmusiker Christian Marclay sieht man reduzierte Arbeiten wie „Broken record in 13 pieces“.

Auch Klassik kommt vor: Der junge Brite Idris Khan legt im großen Digitalprint „A,D. 959, B,D. 960, D,C. 958 after Franz Schubert“ unzählige Partituren übereinander. Stephen Prina bezieht sich auf den Pianisten Glenn Gould; der Niederländer William Engelen verwendete den Tagesablauf von Musikern als Grundlage einer Komposition.

Viel Raum nehmen die Klanguntersuchungen des heimischen Künstlers Bernhard Leitner ein, dessen interaktive Installation „Flügel – Raum“ den Betrachter subtil umkreist. Am Ende lohnt es sich noch, den Tonarm auf den alten Plattenspieler von Jon Kessler zu legen: Im digitalen Zeitalter stimmt die leiernde Beatles-LP „Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band“ fast melancholisch.

Wien 4, Schleifmühlg.5, bis 7.3.


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