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derStandard.at | derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
25. September 2008
19:56 MESZ

Eine Lichtinstallation dort, wo der Nazi-Mob 1938 Bücher ins Feuer warf. Die Salzburger Stadtpolitik lehnt den Entwurf ab.


Salzburger Stadtchef gegen Skulptur
Die von Architekt Max Rieder vorgesehenen beweglichen Lichtlanzen als Denkmal für die NS-Bücherverbrennung 1938 stoßen auf Skepsis

Bürgermeister Heinz Schaden will eine "bodennahe Lösung".

Salzburg - Das Projekt ist aufsehenerregend, hat aber wohl wenig Chance auf Realisierung. Im Zuge der Neugestaltung des Residenzplatzes im Zentrum der Salzburger Altstadt hat das mit der Platzsanierung betraute Architektenduo Andreas Knittel und Max Rieder eine bewegliche Lichtskulptur vorgesehen. Die fünf komplett im Boden versenkbaren und bis zu zwölf Meter Höhe ausfahrbaren Lichtlanzen sollen exakt dort installiert werden, wo die Nationalsozialisten 1938 die einzige Bücherverbrennung auf österreichischem Boden organisiert hatten. Sind die dreigliedrigen Lichtarme eingefahren, soll nur ein etwa bordsteinhoher Stahlwinkel an die Ereignisse vom 30. April 1938 erinnern.

Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) kann dem unter der Federführung von Architekt Rieder entwickelten Maschinendenkmal wenig abgewinnen. Es werde zwar ein Mahnmal geben, versichert Schaden im Standard-Gespräch, aber so wie derzeit präsentiert "wird das nicht umgesetzt". Schaden will eine "bodennahe Lösung", schließlich werde der Platz ja intensiv genutzt. Er verweist auf Christkindlmarkt oder Rupertikirtag.

Grundsätzlich sollte sich das Denkmal auf dem sensiblen Platz "eher zurücknehmen" und "nicht in die Höhe gehen". Rieders Entwurf hingegen sehe wie ein "Stadion-Flutlicht" aus, meint er. Dass Schaden die "zeitgenössische Interpretation" (Rieder) zum Thema - übrigens noch bevor ihm das detaillierte Konzept vorgestellt worden ist - kategorisch ablehnt, hängt auch mit der in Salzburg geführten Debatte um die Gestaltung des Residenzplatzes an sich zusammen.

Dieser soll eigentlich bis Ende November kommenden Jahres ein völlig neues Gesicht erhalten. Statt der staubigen Schotterwüste soll die Oberfläche mit abgeschliffenen, in Beton gegossene Flusssteinen ausgelegt werden.

"Waschbeton"

Die Chancen, dass das vier Millionen Euro teure Vorhaben auch umgesetzt wird, sind noch intakt. Noch: Seit am Platz die ersten Versuchsflächen gepflastert worden sind, hat eine heftige Kampagne gegen den Entwurf eingesetzt. Die Flächen würden wie "Waschbeton" aussehen, heißt es. Und wenn Steine herausbrechen, wie auf den Probeflächen geschehen, drohe mitten im Weltkulturerbe eine Dauerbaustelle.

Getragen wird die Kampagne von Lokalmedien und der ÖVP. Aber auch die ursprünglich positiv gestimmten Denkmalschützer rücken langsam von der Flusssteinvariante ab. Wenn schon gegen die Platzsanierung an sich mobil gemacht wird, dann ist ein bewegliches Lichtdenkmal wohl überhaupt nicht durchsetzbar, dürfte die Überlegung Schadens lauten.

Vorerst einmal hält der Bürgermeister aber am Wettbewerbsentwurf fest. Schaden will die Winterpause für einen "Diskussionsprozess" nutzen. Mit der Option auf Änderungen: "Eine Versuchsfläche ist eine Versuchsfläche." (Thomas Neuhold / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26.9.2008)

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