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Künstlerhaus: Steppende Taranteln

23.06.2010 | 19:02 | ALMUTH SPIEGLER (Die Presse)

Die scheppernde Installation von Thomas Frierss zählt zum Spektakulärsten, was die heurige Abschluss-Ausstellung der Universität für angewandte Kunst zu bieten hat.

Arachnophobiker sollten sich vom Gang ins Künstlerhaus nicht abschrecken lassen: Die Tierchen vor dem Eingang sind aus Metall, zappeln nur, wenn man ihnen zu nahe kommt, und sind mit Stromkabeln angeleint, müssen also draußen bleiben. Die scheppernde Installation von Thomas Frierss zählt jedenfalls zum Spektakulärsten, was die heurige Abschluss-Ausstellung der Universität für angewandte Kunst zu bieten hat. Der 1982 geborene Villacher diplomierte in der Klasse für digitale Kunst, geleitet vom Filmemacher Virgil Widrich – und man muss sagen, die Gruppe sticht heraus. Ob mit dem interaktiven Schattenspiel Andreas Haiders oder der ästhetisch faszinierenden Klangskulptur Peter Tilgs: „Sukkubus“ lässt eine elegante Reihe von Metallbändern nach zufälligen und vorgegebenen Codes schwingen.

Interessant, wenn auch vorhersehbar, die Diplomarbeit Kathrin Kaisers (Klasse Kowanz): Sie zeigt, wie ein erfolgreicher Künstler heute im Durchschnitt aussehen muss. Dafür hat sie die Porträts der jeweils zehn Erstgereihten dreier bekannter Kunstmarkt-Toplisten überlagert. Heraus kamen drei – Überraschung! – Männer über 60, mit strengen Mundfalten und verschattetem Blick. Ein Blick ins Orakel für die jungen Künstler?

Schon im Hier und Jetzt versucht man es auf der Angewandten jedenfalls, professionell anzugehen – man holt sich für seine Jahresausstellung namhafte Kuratoren (Edek Bartz, Brigitte Huck), mietet sich in Institutionen wie dem Künstlerhaus ein – und die meisten Studierenden stehen neben ihren Werken brav Rede und Antwort.

Brav ist überhaupt der Eindruck, der bleibt. Eine junge Keramikkünstlerin freut sich, dass sich ihre dekorativen Objekte so gut verkaufen. Eine Studierende aus der Textilklasse tauscht in einer Liveperformance mit einer projizierten Doppelgängerin ihr T-Shirt. Walter Lürzer, der nach 20Jahren emeritiert, zeigt ein Best-of seiner Lehrtätigkeit (Grafik, Werbung). In einem Video rascheln gestutzte Buchsbäumchen zum Takt der „Tritsch-Tratsch-Polka“. Und sogar die einzige auf den ersten Blick ausmachbare kulturpolitische Provokation ist so plump, dass sie vorhersehbar bleibt – das Video „Die Teufelsaustreibung des räudigen Pfaffen“ von Franz Dobnig zeigt, wie ein dicker Rosenkranz unter Gestöhne u.a. durch den Hosenschlitz gezogen wird. Autsch.

Auch intern bleibt in der Angewandten alles brav beim Alten: Gerald Bast wurde gerade zum dritten Mal in Folge zum Rektor gewählt, er bleibt bis 2015.


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