Museen: Seipel geißelt "Chaos"
Von Christoph Irrgeher
KHM-Direktor hält Neustrukturierung der Museen für fragwürdig.
Mitglieder der Freunde von KHM und Belvedere verlieren Privilegien.
Wien.
Freudig, doch kampfeslustig begann Wilfried Seipel das Jahr. Der Ende
2008 scheidende Direktor des Kunsthistorischen Museums (KHM) ließ bei
seinem Neujahrsempfang keinen Zweifel daran, was er von einer
Neuordnung der hiesigen Museumslandschaft hält. Weil letztere erst vor
neun Jahren "in eine neue Verfasstheit katapultiert wurde" (gemeint ist
die Ausgliederung), erhebe sich die Frage, ob "hier nicht eine
Entwicklung ausschließlich um ihrer selbst eingeleitet wird".
Und diesen Prozess, aus dem Kulturministerin Claudia Schmied bis zum
Herbst Maßnahmen gewinnen will, definiert Seipel – nicht zuletzt
Mitarchitekt der Ausgliederung – wie folgt: "Diskussionsrunden mit
anerkannten und unerkannten Mediatoren mit einem nur schwer
nachvollziehbaren Erlebnishorizont museumsspezifischer Fragestellungen
(. . .) versuchen einen Diskussionsprozess in Gang zu setzen, den
eigentlich niemand will." Durch die Medien, "die uns alle vor sich
hertreiben", entstünde ein "Chaos, bereitet aus leeren Worthülsen,
amerikanisierter Museology und selbstgerechtem Besserwissertum".
Wichtig sei dagegen mehr politisches Interesse, womit auch das
Finanzministerium angesprochen sei, sowie die nötigen Gelder, um
Projekte wie die KHM-Kunstkammer zu eröffnen.
Gratis-Besuche vorbei
Eine Änderung gibt es derweil aus den Vereinen der Freunde des KHM
und des Belvedere zu vermelden: Mitglieder beider Organisationen können
das jeweils andere Museum seit Jänner nicht mehr kostenlos besuchen,
wie ein aufgebrachter KHM-Freund gegenüber der "Wiener Zeitung"
erklärte.
Der Grund: Belvedere-Freunde erhalten für künftige Museumsbesuche
Code-Karten, die im KHM nicht verwendbar sind, der Ankauf der nötigen
elektronischen Lesegeräte ist dort nicht geplant. Dies würde hohe
Kosten verursachen, nicht zuletzt wegen der vielen KHM-Institutionen.
Laut KHM sollen dessen Freunde sowie jene des Belvedere im jeweils
anderen Museum künftig einen Rabatt genießen – womöglich ein Trost für
die Förderer, denen Seipel heuer mehr als 350.000 Euro verdankt.
Montag, 07. Jänner 2008