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Kunstberichte

Die Bilder von Bildern

Künstlerhaus Untergeschoss: Arbeiten von Hanns Kunitzberger
Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

Bilder, die Ort, Zeit und Wahrheiten befragen, hält man allgemein für sehr theoretische, meist unansehnlich sperrige Angelegenheiten. Dass dies nicht so sein muss, beweist Hanns Kunitzberger mit seinen Serien "Portrait" und "Abbild" in einer Schau "Die Orte der Bilder. Malerei 1996-2006" im Untergeschoss des Künstlerhauses bis 9. Juli.

Eigentlich kommt der Künstler vom Theater, von Bühnenbild und Regie, doch die Malerei war offenbar auch in diesen Tätigkeiten bereits sein großes Thema. Allerdings hat er sich erst seit 1996 für diese Berufung entschieden, verknüpft sie aber mit Komponisten wie Beat Furrer und Kunsttheoretikern wie Hans Belting.

Kunitzberger überlässt die Theorie den anderen, auch ein Zusammenspiel von Klang und Farbe ist nicht tägliche Praxis während der Arbeit an vielen dünnen Schichten Ölfarbe, die er trocken über etwas aufträgt, was an Gegenstände erinnert, jedoch ihnen nur ähnlich ist und sie als abwesend ortet. Damit macht er sich zum Dirigenten über einen in die Stille gewandelten Theaterdonner, begeht aber nicht den Fehler, Ästhetik als Religion zu missbrauchen.

Erst in der Präsentation seiner großformatigen Farbmodulationsserie "Abbild 2002-2005" wählte er für Wien Modern 2005 die eigenwillige Kombination von Konzert und rund um das Orchester aufgebaute Leinwände. Diese Aktion ist in einem Film festgehalten, der präsentiert wird.

Die Beschäftigung mit dem, was Betrachter in seine Gemälde hineinsehen, ist wesentlich für Kunitzberger: Die Bildnisse sind zwar nur im Umriss und manchmal in einem gemalten Rahmen oder wie in der Renaissance hinter einem Fenstersims zu sehen, wir lassen sie also aus unserer Fantasie lebendig werden.

Wider besseres Wissen sind diese Kompositionen nicht als gegenstandslos zu bezeichnen. Der Effekt ist auch der, die trügerische Gewohnheit unserer Wahrnehmung eines Kunstwerks kritisch zu hinterfragen.

Für Wolfgang Drechsler geht es um Bilder von Bildern, auch um Wissen über Schatten seit dem viel zitierten Höhlengleichnis von Platon. Auch er würde hier wohl gern mitdiskutieren, wenn der Verlust von Ähnlichkeit mit einem Bildnis nicht zur Formlosigkeit führt, wie das am Anfang des 20. Jahrhunderts einziger Weg schien.

Viel Zeit, Ruhe und Vertiefung in Farbräume ist dabei zu empfehlen: Es ersetzt die Flucht in esoterische Meditationen oder schlechte Fantasy-Filme.

Hanns Kunitzberger

Die Orte der Bilder. Malerei 1996-2006

Künstlerhaus

Bis 9. Juli

Blickschärfend.

Freitag, 23. Juni 2006


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