diepresse.com | ||
zurück | drucken | ||
| ||
31.08.2005 - Kultur&Medien / Ausstellung | ||
Heeresgeschichte: Sein Ziel heißt Dresden | ||
VON HANS WERNER SCHEIDL | ||
Rauchensteiners letzter Arbeitstag. | ||
Wenn Sie einen bequemen Muse umsdirektor wollen, dann sollten Sie einen
anderen Kandidaten su chen." So verlief das Bewerbungsgespräch Manfried
Rauchensteiners vor 13 Jahren beim Verteidigungsminister. Werner
Fasslabend betraute ihn dennoch mit der Leitung des Heeresgeschichtlichen
Museums im Arsenal. Und das hatte er dann davon! Beharrliches
Antichambrieren um die nötige finanzielle Ausstattung beim jeweiligen
Minister, ebenso beharrliche Versuche der Herren Fasslabend, Scheibner,
zuletzt Platter, sich den Quälgeist vom Leibe zu halten. Nach 13 Jahren verlässt der Militärhistoriker das HGM in
Richtung Dresden. Morgen tritt er als Beamter in den Ruhestand, aber als
Koordinator für den Zubau des Militärhistorischen Museums Deutschlands hat
Rauchensteiner eine neue Perspektive. Daniel Libeskind durfte planen, im
Oktober 2008 wird einer der ambitioniertesten Museumsbauten Deutschlands
eröffnet. 100 Millionen Euro - davon kann Wien nur träumen. Als der Universitätsprofessor 1992 in den Backsteinbau des 1891 gegründeten Heeresmuseums als neuer Direktor kam, übernahm er ein generalsaniertes Haus. Sollte man meinen. "Jetzt stellen wir fest, dass die Simse, dass die Terrakotten abbröckeln." Gerüste schützen Besucher vor Kollateralschäden. Auf 1,4 Mio. Euro beläuft sich der Kostenvoranschlag für notdürftigste Ausbesserungen. Das HGM war 1945 durch Fliegerbomben völlig zerstört,
zunächst von der Roten Armee ausgeplündert, dann bedienten sich auch noch
die Wiener an den verbliebenen Uniformen, am Buntmetall der kaiserlichen
Kanonen. 150.000 Objekte gelten seit damals als verschwunden. Ein Umstand,
der dem Rechnungshof erst im Vorjahr auffiel. Die "Medienkampagne"
(Rauchensteiner), die daraufhin losbrach, verbitterte den Direktor, wie er
zugibt. "Ich fühlte mich saumäßig behandelt." Dabei sei es erst seiner
systematischen Katalogisierung zu verdanken, dass die Verluste offenkundig
wurden. 41 Sonderausstellungen bzw. Neugestaltungen von Sälen
stehen auf Rauchensteiners Habenseite. Nicht immer zeigte sich die
"vorgesetzte Dienststelle" im Ministerium begeistert. Nostalgiker wollten
im HGM nur die glorreiche kaiserliche Armeevergangenheit konserviert
sehen, von Eugen v. Savoyen bis Erzherzog Carl. Rauchensteiner wehrte
sich. Bis zum Bundesheer der 2. Republik wollte er den Bestand
weiterführen. Das gelang nur zum Teil. Immerhin wagt sich das Heeresmuseum
jetzt schon bis in die Zwischenkriegszeit vor - ein beschämender Zustand
ausgerechnet im "Gedankenjahr". Um die Raumnot zu lindern, bedrängte Rauchensteiner die
ministeriale Hochbürokratie, ein hinter dem Museum gelegenes devastiertes
Objekt wiederzubeleben, "1996 war dieser Traum aber beendet". Im
Gegenteil: Die Rechnungshofprüfer empfahlen dem Museumsleiter allen
Ernstes, sich ganz auf die Zeit bis 1918 zurückzuziehen, alle Schaustücke
der späteren Jahre abzustoßen (etwa das Sofa, auf dem Engelbert Dollfuß
1934 im Kanzleramt verblutete). Dann wäre gleich mehr Platz
. . . Rauchensteiner schlägt für die Zukunft genau den entgegengesetzten Weg vor: Der Erlös aus dem Verkauf mehrerer Objekte im Arsenal sollte zweckgebunden werden für den Bau eines modernen Zubaues im Park des Museums. Durch die Verlängerung der U-Bahn werde das HGM in kurzer Zeit eine eigene Station bekommen und von der Stadt leicht zu erreichen sein. Dann wäre der Traum des Manfried Rauchensteiner, doch noch ein "Haus der österreichischen Geschichte" im Arsenal zu erleben, realisierbar - wenn auch nicht mehr mit ihm als Akteur. Einer Geschichte, die nicht 1918 endet, nicht 1945, auch nicht 1955. Jetzt ist die Koalitionsregierung am Zug. Vielleicht
macht Schüssel dieses Vorhaben ebenso zur "Chefsache", wie er in
allerletzter Minute im heurigen Jahr die laufende
Staatsvertrags-Großausstellung rettete. |
||
© diepresse.com | Wien | ||