diepresse.com
zurück | drucken

01.04.2004 - Kultur&Medien / Ausstellung
Neue Galerie: Alltag, Party, Krieg, Sex
Mit "Art Position" eröffnete in Wien eine Galerie für jüngste österreichische Kunst. Das Programm? Ein breiter Überblick.

Über tausend Menschen stürmten vergangenen Freitag die Eröffnung der neuen "Art Position Ga lerie" im dritten Bezirk, gleich ums Eck beim Unteren Belvedere. Kein Wunder, sind hier schließlich 53 in Wien lebende junge Künstler vertreten, die für eine rauschende Party garantierten. Für Erfolg bisher eher weniger: Nur zwei der 500 ausgestellten Arbeiten konnte Kolja Kramer am Eröffnungsabend verkaufen. Keine Sekunde aber lässt das den jungen Kunsthistoriker, der seit 2002 in der Ottakringer Brauerei Großausstellungen junger heimischer Kunst organisiert, an seinem Vorhaben, sesshaft zu werden, zweifeln. Lieber denkt er schon an Filialen im Ausland, "Botschaften der österreichischen Kunst", wie er auch gerne seine 300-Quadratmeter-Räume in Wiens Diplomatenviertel bezeichnet.

Das Konzept von Galerie und jährlicher Ausstellung scheint ähnlich: Die Qualität steht hinter der Vielfalt zurück, wichtiger ist ein möglichst breiter Überblick der neuesten Kunstproduktion. Das Alterslimit ist für Männer mit Jahrgang 1962, für Frauen mit 1960 festgelegt. Warum der Unterschied? "Wegen der Schwangerschaften", sagt Kramer - und meint es wenigstens nicht böse. Die finanziellen Bedingungen sind nicht geschlechtsspezifisch: Je nach Materialkosten kriegen die Künstler zwischen 30 und 50 Prozent des Verkaufspreises, den sie selber festlegen können. Nur wenn er gefragt werde, sagt Kramer, helfe er bei der Schätzung. Ein Angebot, das wohl vor allem der noch in Ausbildung befindliche Nachwuchs beanspruchen wird. Diesem will der Neo-Galerist bevorzugt eine Plattform geben. Eine eher unübliche Praxis in Wiens Galerien-Szene. Die meisten warten ab, ob sich der Student später wirklich für eine Künstlerlaufbahn entscheidet - und es sich lohnt, in ihn zu investieren. Ein Risiko, das Kramer einzugehen bereit ist. Er will Sprungbrett sein - "auch wenn ich dabei Fehler begehe". Bei Preisen ab 150 Euro kann sich diesen aber auch der Käufer leichter verzeihen. Jeden Samstag wird ein "Sale" besonders günstiger Arbeiten organisiert.

Ein Rundgang durch die drei salonartigen Räume und den ebenfalls genützten Keller konfrontiert mit Kunst unterschiedlichster Qualität: Doch zwischen plakativen Blumenbildern, poppigen Alltags-, Kriegs- und Sexszenen ist klar der Trend zur totalen Gegenständlichkeit herauszulesen. Wichtig sind Umrisse und Flächen, meist wird nach Fotos gearbeitet, vieles wirkt ziemlich Retro. "Immer wieder gibt es Bezüge auf die 20er bis 60er Jahre", konstatiert auch Kramer den Jungen einen Hang zur "romantischen Verklärung". Eskapismus, Flucht vor der Realität? Bei "Art Position" können sich die Maler von morgen wenigstens kurz in die Illusion eines jedem offen stehenden Marktes flüchten. Erfolg und Akzeptanz dieses engagierten Experimentes bleibt abzuwarten.

Di. bis Fr. 10 bis 13 und 15 bis 18 Uhr, Sa. 11 bis 15 Uhr. Wien 3, Reisnerstraße 48.

© diepresse.com | Wien