Plädoyer für die Subventionierung | |
"Psyche und Kunst" zählt möglicherweise zu einer der letzten Ausstellungen unter der Verantwortung von Lorand Hegy. Der Direktor des MMK möchte eine mögliche Privatisierung seines Hauses nicht mittragen.
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Seit Beginn des 20. Jahrhunderts haben
Künstler, zunächst die Expressionisten und die Surrealisten, anschließend
auch die Art Brut, von psychisch Kranken geschaffene Bilder rezipiert.
Eine Faszination, der die bis zur Verfolgung und Vernichtung führende
Ablehnung der Nationalsozialisten gegenüberstand. Erst nach dem Krieg
konnte eine neue Auseinandersetzung mit der "kranken", pathologisierten
Kunst zu einem Kunstbegriff führen, der auch den Werken psychisch Kranker
gebührenden künstlerischen Status zubilligt und die Qualität eines Werks
nicht nach der vermeintlichen Gesundheit des Schöpfers bewertet.
Die Schau war von Hans-Otto Thomashoff anlässlich des Weltkongresses
für Psychiatrie in Hamburg 1999 zusammengestellt worden und zeigt rund 90
Arbeiten von über 30 Künstlern aus Europa, Asien, Nord- und
Südamerika. An dem für das Museum so entscheidenden Wendepunkt hat Maria Rennhofer
mit Direktor Lorand Hegy gesprochen.
Hegy: Für mich ist das nicht anders, wie sonst auch in meinem
Leben. Ich habe hier zehn Jahre lang die Sammlung des Museums und der
österreichischen Ludwig-Stiftung wesentlich verändert. Ich habe dazu
beigetragen, dass die Sammlung aktueller und internationaler geworden ist,
und das möchte ich in einer zeitgemäßen museologischen Struktur
präsentieren. ON Kultur: Das wird in zirka einem Jahr sein, wenn das
Museumsquartier seine Pforten öffnet. Ihr Vertrag wurde gerade von Frau
Minister Gehrer bis Ende 2001 verlängert. Was bedeutet diese mündliche
Verlängerung auf ein Jahr? Ist das enttäuschend, dass es nur ein
Jahr ist, oder freuen sie sich, dass Sie darin gerade diese schwierige
Umbruchsphase über die Bühne bringen werden?
Ich persönlich glaube, dass die zeitgenössische Kunst starke
Subventionierung braucht, weil der Wert für das breite Publikum nicht
ersichtlich ist. Und die jungen Menschen, die Studenten, die jetzt Kultur
verinnerlichen, die muss man erziehen, denen muss man die schwer
verständliche, zeitgenössische Kunst näher bringen. Und daher glaube ich,
dass, wenn wir nur finanziell erfolgreiche Super-Ausstellungen machen
müssen, weil diese Einnahmen das Museum finanzieren, dann würden wir diese
wichtige pädagogische oder aufklärerische Funktion opfern müssen. Und das
würde ich nicht gerne machen.
ON Kultur: Nun müssen für so eine Übersiedlung, wie sie Ihrem
Haus bevorsteht, Weichen gestellt werden. Ist das nicht problematisch,
wenn gar nicht klar ist, ob es Sie sind, der mit dieser neuen Struktur
weiterarbeitet? Hegy: Jeder neue Direktor muss mit dem beginnen, was der alte
zurückgelassen hat. Ich glaube aber nicht, dass mein Programm und meine
Präsentation eine irreversible Situation für einen Austellungsmacher
darstellt. ON Kultur: In Wien waren Sie nicht unumstritten. Würden Sie die
Stadt deshalb mit leichtem Herzen verlassen, oder fühlen Sie sich hier
dennoch wohl? Hegy: Wo ich in Zukunft arbeiten werde, weiß ich noch nicht. Ich
habe sehr viele Möglichkeiten. Sehr wahrscheinlich werde ich stärker
wissenschaftlich arbeiten, ich würde wieder Bücher schreiben, wie ich das
vor meiner Tätigkeit im MMK auch gemacht habe. In Wien fühle ich mich
wirklich zu Hause, weil die Stadt Budapest sehr ähnlich ist - auch die
negativen Sachen. Auch Budapest ist eine neidische und intrigante Stadt.
Aber letztlich glaube ich, dass es heute fast egal ist, wo man arbeitet,
wenn man einen Bereich hat, indem man mit Engagement tätig ist. Link: Museum moderner Kunst | ||||||||||