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Sale Bourgeois

03.10.2009 | 18:42 | von almuth spiegler (Die Presse)

Das Auktionshaus "im Kinsky" löst die Sammlung des Altwiener Antiquitätenhändlers Franz Hruschka auf. Ohne Limit nach unten.

Wienerischer geht's fast nicht mehr: Franz Hruschka war ein klassischer Antiquitätenhändler der ehemaligen Kaiserstadt, sein Geschäft, seine Wohnung strotzten nur so vor bürgerlicher Einrichtung – vom klassischen Tabernakelschrank bis zur goldenen Lyraspielerin auf der Kommodenuhr. In der gläsernen Vitrine prangte natürlich das Biedermeier-Porzellan, neben der Tapisserie ein dralles Schwanthaler-Engelchen an der Wand, und auf dem Boden kringelte der blaurote Perser die spärlichen Fransen.

Wie bei der Oma in Hietzing eben. Alles ein wenig angestaubt, aber fürs „Cocooning“, oder besser fürs „Homing“, wie dieser in den 90ern bereits bemerkte Trend zum Rückzug ins traute Heim heute heißt, gibt's kaum Bessres. Zu wahren Schleuderpreisen noch dazu, zumindest auf dem Papier: Das Auktionshaus „im Kinsky“ verkauft die Sammlung des verstorbenen Händlers, der vor 25 Jahren in der Gluckgasse sein Geschäft führte, am 14.Oktober „ohne Limit“ – das heißt, in brechend vollem Auktionssaal zu sehr niedrigen Ausrufpreisen, die je nach Nachfrage viel tiefer oder viel höher gehen können.


Mikado aus dem 19.Jahrhundert. Prachtstück von Hruschkas Sammlung ist ein „prunkvoller Luster“ aus Frankreich um 1730, achtarmig, feuervergoldet. „Auf dem internationalen Markt habe ich einen ähnlichen schon um 200.000€ gesehen“, so „im Kinsky“-Experte Michael Kovacek. Er lässt ihn erst einmal um schmächtige 5000 € ausrufen. Ab 100€ kann man aber auch schon glücklich werden – etwa mit einer Art Mikado-Spiel aus geschnitzten Beinstäbchen aus dem 19.Jahrhundert, versehen mit Motiven aus Tierwelt, Musik, Militär. Einen Hauch Madame Tussauds bringen zwei andere Raritäten, die zwei kleinen gerahmten Wachsfigürchen, eines Vogelfänger und eines Schriftgelehrter, um 1800 in Köln entstanden (ab 1000 €).

Neben dem Hruschka-Ausverkauf wird im Hildebrandt-Palais aber auch ganz regulär das „Glöckchen“ von Auktionator Otto Hans Ressler geschlagen, für Alte, mittelalte und ganz junge Meister. Wie schon im Dorotheum kommenden Mittwoch, „Die Presse“ berichtete, steht auch hier ein Waldmüller im Mittelpunkt: Das „Auf der Türschwelle betende Mädchen mit Madonnenbild“ scheint einst ziemlich erfolgreich gewesen, Waldmüller hat es mehrmals gemalt, geschätzt wird es heute auf stattliche 100.000 bis 200.000€. Preislich übertroffen wird es nur noch vom entlarvenden Familienbildnis des Kremser Schmidt – der 70-jährige Barockmaler stellte sich und seine Söhne derart idealisiert dar, dass die Realität von Mutter und Tochter daneben zur glatten Karikatur gerät.


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