Grundzufrieden
sieht er aus und mit versonnenem Lächeln hält er sie hoch, seine Beute.
Einen fetten Frosch, den der Bub anscheinend gerade gefangen hat, an
einem Fuß lässt er ihn grausam baumeln. Mit ähnlich zufriedenem Lächeln
posierte François Pinault neben dieser überlebensgroßen,
unschuldsweißen Skulptur von Charles Ray, die dem französischen
Milliardär als eine Art Galionsfigur für sein neues Privatmuseum
zeitgenössischer Kunst dient, das er parallel zum Start der Biennale
Venedig eröffnet hat – schräg gegenüber vom Markusplatz, gleich neben
der Kirche Santa Maria della Salute, im charakteristisch
triangelförmigen, von Tadao Ando gewissenhaft adaptierten ehemaligen
Zollgebäude Punta Dogana.
2007 hat die Stadt Venedig dem heute 72-jährigen Geschäftsmann
und Megasammler den prominenten Ort für 33 Jahre verpachtet. Im
Wettbewerb um die Nutzung hatte er zuvor schon die Guggenheim
Foundation ausgestochen – ein Triumph gegen eine Institution, deren
weltweiter Markenpolitik Pinault in seinem Kunst-Engagement
offensichtlich nachstrebt – nach dem Palazzo Grassi, den er 2006 als
Privatmuseum eröffnet hat, nachdem sich seine Pläne eines Neubaus auf
einer Seine-Insel bei Paris zerschlagen haben, ist die Dogana bereits
der zweite Schauplatz seiner sagenumwobenen Sammlung. Weitere Filialen
sind angedacht, Material hat der in einem bretonischen Dorf geborene
Selfmademan, der für seine rauen Übernahmemethoden berüchtigt war,
jedenfalls locker genug für weitere zehn Orte.
Weit über 2000 Werke hat er in den vergangenen 35 Jahren
gekauft, beraten von Experten wie der jungen Kuratorin Alison Gingeras,
die er dem Guggenheim abwarb. Noch dazu sitzt er als Besitzer des
Auktionsriesen Christie's sozusagen an einer der reichsten Quellen des
Marktes. Die letzte Entscheidung aber, die behält sich „Monsieur“ immer
selbst vor, hört man.
Er selbst sieht seine Sammlung als sein eigenes kreatives Werk, vergleichbar mit dem eines Künstlers, wie er in seinem Statement zur Dogana-Eröffnung beschreibt. Zumindest ist es ähnlich großformatig wie die Kunst, die er öffentlich zeigt: eine monströse Schwulenparade von Paul McCarthy, die riesigen Gemälde von Sigmar Polke, die bei der vergangenen Biennale zu sehen waren, die Vitrinen voll Krieg und Gräuel der Chapman-Brüder, Maurizio Cattelans Pferd, das mit dem Kopf hoch oben in der Wand zu stecken scheint, Takashi Murakamis dekorativ ihr Sperma oder ihre Muttermilch schleudernden Mangahelden etc.
Es ist wie bei der Eröffnung der Pinault-Sammlung im Palazzo
Grassi: ein Abnicken der Namen, die den zeitgenössischen Kunstmarkt der
vergangenen fünf, zehn Jahre dominierten. Wobei weder alle Werke
besonders gut noch besonders schlecht sind, es reißt einen nur keine
Überraschung, keine Entdeckung aus dem abgesicherten Gefühl heraus,
hier einen dreidimensionalen Auktionskatalog durchzublättern, der einem
einen Rekordpreis nach dem anderen verspricht.
Zumindest spiegelt die Ausstellung den Jagdinstinkt des
mächtigen Netzwerkers und gesellschaftlichen Aufsteigers wider, der
sich schon einmal als Bauarbeiter verkleidet einen Tag vor der
Eröffnung auf die Kunstmesse „Art Basel“ geschummelt hat. Angetrieben
von der Konkurrenz mit einem anderen französischen
Luxuskonzernbesitzer, Bernard Arnault, war es ein Match der Giganten,
das die vergangenen Jahre auf dem Kunstmarkt verfolgt werden konnte.
Auch die Adaptierung der Dogana selbst beschreibt Pinault als
martialischen Akt: „Es ist ein andauernder Kampf gegen die Zeit und die
Elemente.“ Und lässt die Zahlen sprechen: 5000 Quadratmeter, 120
Arbeiter, 300.000 Arbeitsstunden, 10.000 Tonnen Material, 2000
Bootsfahrten vom Festland, 20 Millionen Euro.