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Maria Lassnig: 90. Geburtstag der Klassikerin der Malerei

07.09.2009 | 17:55 |  (Die Presse)

Die große Malerin Maria Lassnig feiert ihren 90. Geburtstag. Der Ruhm kam spät, dafür umso nachhaltiger. Immer wieder wurde sie wieder entdeckt.

Einmal erzählte Maria Lassnig im Radio von einer Fahrt mit dem Rad von Kärnten nach Wien. So lebendig war diese Schilderung, man sah sie förmlich vor sich, mit wehenden Haaren durch die Landschaft sausen, um sich herum eine geheimnisvoll lichte Wolke von Energiein Pastellfarben.

Maria Lassnig ist nicht nur eine große Malerin, sondern auch eine große Erzählerin. So expressiv, wie sie spricht, malt sie auch, z. B. das Selbstporträt, in dem sie sich eine Pistole an die Schläfe hält und mit einer zweiten auf den Betrachter zielt. Das Alter ist in unserer Gesellschaft unbeliebt. Wer will schon alt sein? Lassnig gab dem Alter, was ohnedies heute mehr zählt als Worte: schlichte, heftige Bilder. Ihre Körper sind nicht retuschiert, weich gezeichnet oder von Schönheitschirurgen modelliert. Manche dieser Bilder sind, obwohl sie unheimlich und schockierend aussehen, in einem ganz harmlosen Ambiente entstanden, z. B. bei großer Hitze in einem Betonkeller. Auf einem Bild erhebt sich ein mächtiger Berggeist über einem fauchenden Wiesel. Ein heiterer Anblick. Weniger heiter die Körper und Geschlechtsteile, die mit Linien verbunden sind, vielleicht sind sie ja in Wahrheit aufgespießt? Maria Lassnig wuchs bei der Großmutter auf, lebte mit der Mutter in Klagenfurt, versuchte sich als Volksschullehrerin. Doch der Wunsch zu zeichnen war stärker. An der Akademie der bildenden Künste wurde sie sogleich aufgenommen, aber auch bald wieder rausgeworfen, ihre Kunst galt in der Nazizeit als „entartet“.

Doch auch nach dem Krieg gab es Probleme. Für eine Frau war es schwer, sich als bildende Künstlerin durchzusetzen, auch wenn sie die Strömungen der Zeit aufnahm, vom Surrealismus bis zur Pop-Art. Sogar Trickfilme hat Maria Lassnig gedreht und dieses Medium sogar unterrichtet.

Sie lebte in Paris, entwickelte ihren sehr persönlichen Stil, indem sie sich selbst beobachtete, sogar bei Weinkrämpfen. Private Verluste wie der Tod der Mutter, auch die Schattenseite der Kunst flossen in ihre Arbeit ein, „Illusionen von den versäumten Heiraten“ und von der „versäumten Mutterschaft“ sind Bildtitel. Noch 1968 in New York wurden ihre Werke als „morbide“ und „strange“ abgeurteilt. 1980 holte Wissenschaftsministerin Hertha Firnberg Lassnig nach Wien. Sie lehrte Malerei an der Hochschule für angewandte Kunst. Immer wieder wurde sie wieder entdeckt. Die letzten Jahre reiht sich eine Ausstellung an die andere. Maria Lassnig, eine Klassikerin der Malerei, feiert heute, Dienstag, ihren 90. Geburtstag. bp


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