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derStandard.at | derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
14. Jänner 2009
22:42 MEZ

Galerie Charim, Dorotheergasse 12, (01) 512 09 15. Bis 21. 2. 

 

Work in progress: Ingrid Wieners "Dr. Müllers Kabelfrühling" aus den Jahren 2008/09.


Gewebte Realitäten
Wandteppiche, Fotografien, Videobriefe und ein "Damenkino von Ingrid Wiener in der Galerie Charim in Wien

Die Wandteppiche, die Ingrid Wiener in Kollaboration mit Dieter Roth gestaltet hat, waren 2008 in einer Retrospektive im Kirchner Museum in Davos und in der Neuen Galerie in Graz zu sehen. In ihrer ersten Einzelpräsentation in der Galerie Charim zeigt sie neben einer Auswahl an Roth-Wiener-Webstücken auch neuere Teppiche, Fotografien, Videobriefe und ein "Damenkino".

Freundschaften und Kollaborationen spielen im Werk von Ingrid Wiener eine entscheidende Rolle: Gemeinsam mit Valie Export hat sie anfangs das Weben als ein künstlerisches Medium entdeckt, mit der sie das Sehen neu erfahren wollte. Aufgrund der langwierigen Technik erzeugt dabei "jeder Augenblick ein neues Moment des ,Sehens' und ein neues Muster", meinte Ingrid Wiener einmal, die in ihren Webstücken einerseits den Vorlagen von Dieter Roth (u. a. "Flacher Abfall") materielle Tiefe verlieh, durch die Übertragung von Kartoffelschälern, Feldgurken oder handgeschriebenen Rezepten aber auch ihren Alltag einfließen ließ.

Dass zu ihrem Alltag außerdem die Auseinandersetzung mit den Theorien von Oswald Wiener gehört, machen in der Ausstellung zwei mehrteilige Webstücke deutlich: "Erste Schritte auf dem Weg zu Bayes" titelt die eine Arbeit, für die ihr 2007 die Formeln des englischen Mathematikers Thomas Bayes als Vorlage dienten, während sie 1997 die für die kybernetischen Theorien von Oswald Wiener sehr wichtige Church-Turing-These in Form von fünf "Wink-Elementen" nachgewebt hat. Beide Arbeiten entbehren aufgrund der Technik nicht der Absurdität, zeichnen die Formeln aber auch als wesentlichen Teil ihres Lebens aus, das sich seit 1986 auch in Dawson City in Yukon, Kanada, abspielt.

In den ebenfalls ausgestellten "Videobotschaften", mit denen sich Roth und Wiener ausgetauscht haben, ist auch das Flugzeug zu sehen, das Ingrid Wiener und Oswald Wiener in Kanada als Verkehrsmittel dient. (cb / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.1.2009)

 

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