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06.03.2006 - Kultur&Medien / Kultur News | ![]() |
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Mailath-Pokorny : "Patschert & kleinkariert" | ![]() |
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VON BARBARA PETSCH | ![]() |
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Interview. Kulturstadtrat Mailath-Pokorny über ein Kulturministerium, die Volksoper, die Volkstheater-Krise. | ![]() |
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Die Presse: Braucht Österreich ein
Kulturministerium? Andreas Mailath-Pokorny: Unbedingt! Man
sollte alles zusammenfassen: Zeitgenössische Kunst, Museen, Denkmalschutz,
Theater, Auslandskultur, Neue Medien, am besten nimmt man noch die Bildung
dazu. Dann hat man von der Gesamtgewichtung her ein großes Ministerium.
Kultur öffnet Türen. Wir agieren zu patschert und kleinkariert, vor allem
im Ausland. Die Auslandskultur ist beschämend unterdotiert. Wir stellen da
unser Licht unter den Scheffel. Die Erfolge der Kultur, denken Sie nur
zuletzt an den Film, sind absolut vergleichbar mit den Sport-Erfolgen in
Turin. Und es wäre hoch an der Zeit, dass der Kanzler als Kunstminister
wie den Olympia-Siegern auch den Künstlern in Inseraten gratuliert.
Wollen Sie Kulturminister werden? Mailath-Pokorny: Nein. Ich bin es ja
schon in Wien. Hier gibt es sehr viel größere Gestaltungsmöglichkeiten als
beim Bund. Der Kulturminister oder die Ministerin müsste auf jeden Fall
jemand sein, der sich mit roten Ohren, Wangen für die Kultur engagiert,
mit dem sich Künstler auseinander setzen, mit dem sie streiten können, der
präsent ist, nicht wie jetzt, kaum vorhanden. Sie sprachen von großen Gestaltungsmöglichkeiten in Wien. Ist es
nicht eher so, dass einfach Geld in Hülle und Fülle da ist? Mailath-Pokorny: Das liegt nicht auf der
Straße, es handelt sich um eine politische Entscheidung. In den letzten
fünf Jahren ist das Budget um ein Viertel gestiegen, von 160 auf knapp 200
Mio €. Es gibt eine Vielzahl neuer Einrichtungen und Initiativen,
Tanzquartier, Dschungel, Theater an der Wien. Es gab Budget-Steigerungen
bei großen und kleinen Theatern, Kommunalisierung von Kinos, mehr Geld für
Künstlerhaus, Filmmuseum, Secession. Wir haben den Strauß-Nachlass
restituiert - und zurückgekauft, anders als der Bund bei Klimt. Hätten Sie die goldene Adele erworben? Mailath-Pokorny: Prinzipiell: Ja. Das
ist kein Bild, das nur ein paar Kunsthistoriker kennen, sondern das über
60 Jahre als kulturelles Erbe angesehen wurde, oft auf Werbeprospekten zu
sehen ist. Allerdings habe ich auch kein Problem, wenn das Bild jetzt in
New York oder Los Angeles hängt. Schön wäre, wenn es öffentlich zugänglich
wäre. Soll man das Kunstrückgabe-Gesetz ändern? Mailath-Pokorny: Letztlich ist der Geist
entscheidend. Wir in Wien haben aktiv Erben gesucht. Da hat man ein
anderes Entrée, als wenn man sich immer nur auf einen Formal-Standpunkt
zurückzieht wie der Bund. Wir haben uns nicht zurückgelehnt und gesagt:
Jetzt gibt es das Gesetz, jetzt warten wir, ob sich jemand rührt - und
wenn, wird man das ausjudizieren. Wir haben früh begonnen, mit den
rechtmäßigen Besitzern zu sprechen. Wir haben 25.000 Objekte durchgesehen
und 5000 zurückgegeben. Dem Volkstheater fehlen über 900.000 €. Mailath-Pokorny: Da ist noch vor Michael
Schottenberg einiges zusammengekommen, was unvorhersehbar bzw. einfach
Pech war: Mindereinnahmen, höhere Pen-sionslasten, Abfertigungen usw. Ich
erwarte, dass Geschäftsführung und VT-Stiftung Lösungsvorschläge
unterbreiten. Meine Anregung war eine Drittel-Lösung: Volkstheater, Bund
und Stadt sollen das Defizit gemeinsam abtragen. Es gibt eben gewisse
Investitionsnotwendigkeiten, wenn ein neuer Direktor ein Theater
übernimmt. Allerdings haben wir, anders als kolportiert wird, in den
letzten Jahren immer wieder Geld nachgeschossen, weit über den
Bundesbeitrag und über die Valorisierung hinaus. Bringt die neue, schicke Oper im Theater an der Wien
die arme, alte Volksoper um? Mailath-Pokorny: Sicher nicht! Ich finde
es vielmehr bemerkenswert, wenn an zwei von drei Bundestheatern die
Direktoren gehen, mit der Begründung, dass sie kein geeignetes
Arbeitsumfeld mehr vorfinden. Die Krise der Volksoper besteht einzig und
allein darin, dass sie unterdotiert ist und offensichtlich das
kulturpolitische Klima nicht da ist, dass Leiter gern dort arbeiten.
Was würden Sie tun? Mailath-Pokorny: Mehr Geld geben - und
offen gesagt: Den jetzigen Direktor noch einmal fragen, ob er nicht doch
bleiben will. Man braucht einen längeren Atem. Und: Welche Persönlichkeit
von internationalem Rang wird man jetzt, ein bis eineinhalb Jahre vor dem
Direktionswechsel finden? Sänger kann man nicht binnen 14 Tagen engagieren
und Dirigenten auch nicht. Was haben Sie sich als Wichtigstes vorgenommen für
die nächsten vier Jahre? Mailath-Pokorny: Kunst und Kultur aus
dem elfenbeinernen Turm zu bringen und für möglichst viele Menschen
zugänglich zu machen. Wir planen den Kultur-Aktiv-Pass und andere
rot-grüne Projekte, das Mozartjahr ist ein wichtiger Impuls, da gibt es
Veranstaltungen in Geriatriezentren, Schulen, sogar Gefängnissen. Wir
wollen die Kulturarbeit in den Stadtteilen intensivieren. Auch die Festwochen wollen populärer werden. Daher
gehen Sie mit Veranstaltungen an den Gürtel und haben dafür dem
Musikverein das Budget fürs Musikfest gekürzt. Mailath-Pokorny: Ich habe den Auftrag
gegeben, dieses Problem zu lösen. Das sind zwei Einrichtungen mit hoch
bezahlten Kulturmanagern. Die müssen sich das untereinander ausmachen.
Wie, das ist ihre Sache. |
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