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29.01.2004 - Kultur&Medien / Ausstellung
Akademie Der Bildenden Künste: Gewünscht: Applaus
Zwischen Protest und Klasse: Einmal im Jahr lädt die Akademie der bildenden Künste zum Rundgang.

V
ielleicht ein wenig früh für den studentischen Alltag, aber punkt zehn Uhr vor mittags rückten am Mittwoch, scheel beäugt, die "Kunstfritzen" aus den Medien am Schillerplatz an, um sich in die Brutstätten des Künstlernachwuchses zu wagen. Von einer Studentin kommentarlos mit der Kamera verfolgt, aber von Rektor und Pressedamen scheinbar beschützt, rückte die Gruppe in Zeiten von Süßwaren-Attacken in diesen verlockenden Elfenbeiturm vor.

Nach der frustrierend kargen Jahresausstellung 2003 - ein einziges, stundenlanges Schwarzweiß-Doku-Video - lauerte man heuer besonders gespannt auf den Einblick in Klassen und Ateliers. Immerhin, es unterrichten hier bekannte österreichische Künstler wie Zobernig, Schmalix, Damisch, Kogler, Gironcoli, oder besser - sollten hier unterrichten. Das meiste Lob verdienen immer die Assistenten im Hintergrund. So ist das eben mit den Stars.

Der Rundgang beginnt gleich etwas schaurig: Vor dem Eingangstor prangt eine Art Mahnmal für die studentische Mitbestimmung. Gerade noch rechtzeitig wurde hier eine Friedhofskerze entzündet. In der Aula dagegen hat die Hochschülerschaft den Termin wohl ein wenig verschlafen. Hier wollte die ÖH in einer Ausstellung das zweite europäische Sozialforum in Paris rekonstruieren, um die dortigen Eindrücke der Studierenden "nachvollziehbar" zu machen. Muss ziemlich chaotisch gewesen sein, zu sehen gab es - noch - nicht viel.

Weiter zur Malerei-Klasse von Adi Rosenblum. Vor der Tür ein Absperrband mit Protest-Inschrift. Auch gut. Der Rektor entfernt es lässig - der Tischtennis-Raum! Rundherum eine kleine Gruppenausstellung zum Thema "Landschaft", was ziemlich schülerhaft wirkt, da offen bleibt, ob es ausgewählte oder aufgetragene Arbeiten sind. Immerhin haben sich die Studenten die Mühe einer Ausstellung angetan. Ganz im Sinne von Rektor Schmidt Wulffen, der die wenig gepflegte Tradition des Rundgangs professionalisieren möchte, wie er es in Deutschland kennen gelernt hat.

Und trotzdem - spannender wurde es in der Schmalix-Klasse, wo einfach in die Arbeitskojen hineingeschnüffelt werden konnte. Auffällig in der schrill-bunten Bilderflut: Die dekadenten Casino-Szenen von Ingrid Mauthner und Michael Ornauers dumpf-düsteres Kriegs-Triptychon - als hätte Egger-Lienz CNN empfangen.

Fünf Minuten zu Fuß, dann das Semper-Depot mit seinen hellen, weiten Säulen-Hallen. Wieder eine Protest-Installation, diesmal von der Tapisserie-Klasse Hohenbüchler: Beschriftete Stoffbahnen durchspannen den Raum.

Disziplinierter, aber weniger mythisch geht es in den technischeren Fächern zu: Die Klasse Bühnenbild stellt ihre Modelle zu Schrekers "Der ferne Klang" aus. Im Hintergrund ragt der "Pruscha-Turm" auf, ein "small skyscraper" aus Brettern, Telefonzelle und ein paar eingebauten Bildern. Eine Reaktion der Studenten auf die Ausstellung des Rural Studios im Architekturzentrum. Dahinter die "gerade leider nicht funktionierenden" Projektionsflächen für eine "temporäre Plattform für Medien- und Performanceprojekte". Macht nichts.

Gehen Sie weiter in die Fotografie-Klasse von Eva Schlegel. Auf Tapezierertischen liegen Blätter, brav mit Namen versehen, übersichtlich und doch unvorhersehbar: Zwischen klassischen Fotografien, inszenierten Transvestiten-Porträts, Archivmaterial liegen verspielt eine Girlande aus Plastik-Steckrädchen und ein Paar Kopfhörer. "Was wir uns wünschen . . ." hat Nikola Hansalik dazu geschrieben, und man sollte hinhören: Drei Minuten zehn Sekunden tosender Applaus beschallen das Ego. Es ist so schön hier.

29. und 30. Jänner, 14-20h. Hauptgebäude: Schillerplatz 3, Wien 1; Semperdepot: Lehargasse 8, Wien 6; Bildhauerateliers: Böcklinstr. 1, Wien 2; Institutsgebäude: Karl Schweighoferg. 3, Wien 7 und Josefsg. 8, Wien 8. Tel.: 588-16-168

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